Alice Miller unternimmt mit Am Anfang war Erziehung den Versuch, die Öffentlichkeit für das frühkindliche Leiden zu sensibilisieren. Die Psychoanalytikerin wurde dadurch zur Missionarin einer Kindheit ohne Gewalt.
Im ersten Teil des Buches Am Anfang war Erziehung stellt Miller die »schwarze Pädagogik« dar. Damit bezeichnet sie die gewalttätigen Erziehungsmethoden, die im 18., 19. und weit bis ins 20. Jahrhundert hinein dominierten. Im zweiten Teil schildert die Autorin die Kindheiten einer Drogensüchtigen (Christiane F.), eines Diktators (Adolf Hitler) und eines Kindesmörders (Jürgen Bartsch). Durch diese Fallbeispiele, alle drei erschütternde Zeugnisse für die furchtbaren Folgen falscher Erziehung, verhilft Miller ihren Lesern über das intellektuelle Wissen hinaus zu einem emotionalen Wissen. Den dritten Teil widmet Miller dem Unterschied zwischen Schuldgefühlen und Trauer. Ihr Ziel besteht darin, beim Leser nicht primär Schuldgefühle zu wecken, sondern Trauer über das Geschehene auszulösen. Erst diese Trauer ermöglicht das Aufarbeiten der eigenen kindlichen Traumatisierung und durchbricht den Wiederholungszwang, die selbst erfahrene Kränkung an die nächste Generation weiterzugeben.
Miller sieht keinen Sinn darin, Appelle an die Eltern zu richten, ihre Kinder anders zu behandeln. Vielmehr will sie dem Kind im Erwachsenen klarmachen, was ihm in seiner Kindheit zugefügt worden ist. Das Erkennen der Demütigungen der eigenen Kindheit gilt ihr als wichtige »Voraussetzung des mitmenschlichen Fühlens und Verstehens«. Wer sich von den Leiden der eigenen Kindheit emotional distanziert, könne das Kind nicht verstehen.
Medium erhältlich in:
3 MSH Medical School Hamburg,
Hamburg
Personen: Miller, Alice
Miller, Alice:
Am Anfang war Erziehung / Alice Miller. - 26. Aufl. - Frankfurt am Main : Suhrkamp, 2014. - 328 S. - (Suhrkamp-Taschenbuch ; 951; 951)
ISBN 978-3-518-37451-1 kt.
Klinische Psychologie - Signatur: CU 2000 M647-01 (26) - Buch