1945 hatte das kleine Mädchen Renate Menze mit ihren Geschwistern und ihrer Mutter in Greifenberg (dem polnischen Gryfice) den letzten Zug nach Westen bestiegen. Mitnehmen konnten sie nur, was sie auf dem Leib trugen: mehrere Schichten von Kleidung, so viel halt, wie man irgendwie anziehen konnte. Jahrzehnte später, nachdem der Eiserne Vorhang gefallen war, der Europa schon bald nach dem Krieg durchschnitt, besuchte sie den Ort ihrer Kindheit wieder und besichtigte die dort brachliegenden Wurzelfelder ihrer Identität.
In Das Mädchen, das im Krieg verloren ging rekapituliert die 1934 Geborene unter Mitarbeit der Journalistin Rita Peter die Flucht und all das, was auf sie folgte. Ein Leben, von dem man mit Fug und Recht sagen kann, dass es "gemeistert" werden musste, denn leicht war es für die Kinderseele nicht, mit alldem fertig zu werden, was Krieg und Vertreibung ihr an Prüfungen aufgeladen hatten. Wie sollte man nur wieder heimisch werden, nicht nur dort, wohin man als Fremde kam, sondern auch in sich selbst?! Zu allem Überfluss war ihr nicht einmal die Mutter der sichere Hafen, den sie so nötig gebraucht hätte. Im Gegenteil! Erst mithilfe ihres Mannes, einem Schweizer, und dessen Familie gelang es ihr schließlich, sich selbst gewiss zu werden und sich von den vielen emotionalen Verstrickungen auch mit ihrer Mutter zu lösen.
All dies erzählt die Autorin nüchtern, aber auf eine Weise, bei der der Leser die -- am Ende befreiende -- Qual dieser Erinnerungen geradezu körperlich mitzuempfinden meint. Und man empfindet Hochachtung für diese Frau. Das Mädchen, das im Krieg verloren ging ist ein ebenso bewegendes wie beeindruckendes Lebenszeugnis. -- Freia Danz
Personen: Menze, Renate
Menze, Renate:
¬Das Mädchen, das im Krieg verloren ging / Renate Menze. - Augsburg : Weltbild, 2008. - 208 S
ISBN 978-3-8289-9361-7 : 8,95
Bi2 - Signatur: Bi2 Menze - Buch