Mohl, Nils
Stadtrandritter Roman
Buch

Es ist die falsche Methode, Unglück zu vermeiden, indem man es mit dem Glück erst gar nicht probiert.? Wie gelernt und aufgesagt klingt dieser Satz von Silvester Lanzen in den Ohren von Merle von Aue. Und dennoch bindet die Frage nach dem Glück die beiden aneinander. Das Ich an das Du (nicht nur dieser) Textpassage: Wenn Merle erzählt, tut sie dies in einer am Du Silvesters orientierten Ich-Form; jene Passagen, die Silvester folgen, sind personal erzählt und betten die sich gerade erste entwickelnde Liebesgeschichte zwischen ihm und Merle in einen weit größeren Erzählzusammenhang. Wobei dieser Zusammenhang sich erst vom Ende her erschließt; denn wie auch schon in seinem mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichneten Roman "Es war einmal Indianerland" nähert sich Mohl der fragmentierten Lebenswelt seiner adoleszenten Figuren über ein a-chronologisches Arrangement von Textpassagen. Diesmal legt er seiner medialen Erzählform den Film als Referenz zu Grunde: Wie das Rohmaterial vom Dreh für einen Langfilm stapeln sich die Erzähleinheiten förmlich aufeinander. Der finale Schnitt wird an die LeserInnen und Leser delegiert, die bereits zu Beginn mit verschiedenen Trailern auf den Geschmack gebracht werden sollen. Mit dieser Üppigkeit an Material geht über die fast 700 Seiten des Romans hinweg an manchen Stellen das verloren, was "Es war einmal Indianerland" ausgezeichnet hat: die Stringenz der Charakterzeichnung und das Spannungsmoment einer Dramaturgie, die an die prekäre Identität der Figuren gebunden ist. Als außerordentlich effektvolle filmische Anleihe wird hier jedoch Bonusmaterial in den Text eingefügt, in dem die Figuren über ihre jeweilige Rolle sprechen und mit Hilfe dieser erzählerischen Distanznahme, nicht nur ihre Eindrücke vom jeweiligen Charakter schildern, sondern damit auch der Analyse der Figuren die Richtung weisen. Die Klammer, die das Textmaterial letztlich nicht auseinanderfallen lässt, ist die einleitende Frage, auf die Nils Mohl am Ende des Romans noch einmal zurückkommt. Woran glaubst du; Die Frage weist die Richtung der Sinnsuche der Figuren. Ihre religiöse Explizierung erfährt sie durch die zentrale Verortung des Geschehens in der Pfarre Zum guten Hirten, die der Peripherie einer Hochhaussiedlung gegenübergestellt wird, in der das Gesetz des Stärkeren herrscht. Um den ovalen Tisch im Büro von Pastor Christian versammeln sich die Knappen, die bei allem Gemeinschaftssinn dennoch ihrer je eigenen Âventiure folgen. Die Gralssuche wird dabei zur Suche nach der Wahrheit; im Fall von Silvester zur Suche nach den Ereignissen am Todestag seiner Schwester Kitty. Sie steht im Mittelpunkt einer Figurenkonstellation, die den Plot zwischen Dreiecksbeziehung und mafiösen Machenschaften entwickelt wobei die Hauptfiguren von Es war einmal Indianerland nicht unwesentliche Nebenrollen spielen. Woran glaubst du; Als literarisches Triptychon zu den Themen Glaube, Hoffnung plant Nils Mohl seine Romantrilogie. Die Liebe wurde nicht enttäuscht, wie sich an Mauser und Edda zeigt, die hier wieder auftauchen; für den Glauben wird der Bogen vom paradiesischen Zusammensein zwischen Silvester und Merle zur Apokalypse geschlagen. Am Ende jedoch steht nicht der Tod (dem die Passion vorangegangen ist), sondern der Verrat. Mit ihm gehen die enttäuschten Hoffnungen gleichzeitig mit der Pfarre "Zum guten Hirten" in Flammen auf.


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Personen: Mohl, Nils

Interessenkreis: A-Z

Mohl, Nils:
Stadtrandritter : Roman / Nils Mohl. - Orig.-Ausg. - Reinbek : Rowohlt-Taschenbuch-Verl., 2013. - 678 S.
ISBN 978-3-499-21614-5 kart. : ca. Eur 15,50

Zugangsnummer: 2022/0067 - Barcode: 2-7005898-5-00006463-7
A-Z - Signatur: A-Z MOHL - Buch