Mit einer Quereinsteigerin als Partnerin kommt der Erfolg auf den Bauernhof, aber der währt nicht ewig. (DR) Den Bauernhof in unmittelbarer Nähe der Autobahnbrücke und dessen Besitzerfamilie kennen Leser*innen des oberösterreichischen Schriftstellers bereits aus seinem Roman „Fremde Seele, dunkler Wald“ von 2016. Darin war Jakob ein Teenager und erprobte ohne Erfolg die Gründung eines eigenen Hausstands. Zentrale Figur war aber sein älterer Bruder Alexander. In „Wilderer“ ist Jakob ein Mittzwanziger und hat sich dem Schicksal ergeben, Landwirt zu sein in der heutigen Zeit. Beinahe emotionslos treibt er durch die Jahre, in denen die Künstlerin Katja sein Leben bestimmt. Sie kommt als Praktikantin an den Hof, in der Absicht, den Jungbauern zu erobern und wird seine Frau und Managerin. Dass dieses ungleiche Paar keinem Happy End entgegen geht, ahnt man von Anfang an. Der Autor zeigt uns das unbeholfene Männerleben aus der Innenperspektive, in dem Frauen zwar viel bewegen, aber nie den Kern berühren. Zu diesem Kern gehört bei Jakob eine plötzliche Aggressivität, die zu Ausrastern führt. Dann wird mit Gewalt beendet, was unlösbar scheint. Kaiser-Mühlecker schreibt mit dem Vokabular der Menschen, die in der Landwirtschaft verwurzelt sind und führt uns die Alltagstragödie dieser Familie in einer Sprache vor, die zu Recht mit Stifter verglichen wird. Sein Roman schreitet langsam voran, erwähnt lieber die Besonderheiten der Jahreszeiten in der Landschaft als psychologisch motivierte Szenenfolgen zu liefern. Dennoch durchzieht diesen Text eine tragfähige Spannung, man will daran teilhaben, wie das Schicksal spielt und der Protagonist über sich, seine Vorfahren und seine Zukunft sinniert. Wo der Vorgänger bekannt ist, sollte das Buch angeschafft werden. Literarisch interessierte Leser*innen werden danach fragen.
Personen: Kaiser-Mühlecker, Reinhard
Kaiser-Mühlecker, Reinhard:
Wilderer : Roman / Reinhard Kaiser-Mühlecker. - Frankfurt am Main : S. Fischer, 2022. - 349 Seiten
ISBN 978-3-10-397104-0 Festeinband : EUR 24,.00
Schöne Literatur - Signatur: Kaise - Buch