Al-Mansour, Hayfa
Das Mädchen Wadjda
Buch

Die Geschichte über das saudi-arabische Mädchen Wadjda [sprich: wådschda], das sich nichts sehnlicher wünscht als ein Fahrrad, fällt aus dem Rahmen filmischer Adaptionen – denn im Fall der wunderbar schlichten Erzählung über die (Nicht-) Erfüllung eines (aus westlicher Sicht beinahe schon banalen) kindlichen Traums ist der Film dem Buch vorangegangen. Erstmals durfte dafür ein Film in Saudi-Arabien gedreht werden – noch dazu von einer Frau. Da die gemeinsame Arbeit von Männern und Frauen im öffentlichen Raum im martialischen Königreich nicht gestattet ist, musste Hayfa Al Mansour ihre Regieanweisungen an Kameramann Lutz Reitemeier und das Team der deutschen Filmproduktionsfirma zum Teil vom Van aus mit Handy oder Walkie Talkie weitergeben. Entstanden ist ein auf Festivals viel beachteter, entschleunigter Film, der aus dem Alltag eines Mädchens heraus erzählt ist, und dennoch nicht auf die kleinen Wunder des Lebens vergisst. Nun adaptiert Hayfa Al Mansour ihr Drehbuch für einen Jugendroman und setzt Bilder in Sprache um. Und auch wenn sie darauf verzichtet, für die spezifischen Zeichensetzungen und Farbcodierungen des Filmes stilistische Entsprechungen zu finden, so nimmt sie dessen warmes Grundgefühl dennoch mit hinein in den Roman. Was im Film gezeigt wird, muss hier natürlich auserzählt werden – wodurch größere Zusammenhänge gleichermaßen wie kulturelle Details in der Rezeption leichter zugänglich werden. Denn Wadjdas Welt ist für westliche Leser_innen das, was gerne eine „fremde“ Welt genannt wird. Auch wenn diese Welt nichts Exotisches hat; denn Wadjda lebt an der Peripherie von Riad ein ganz durchschnittliches Leben. Sie ist keine besonders gute Schülerin und auch nicht besonders religiös. Aber sie ist mit Abdullah befreundet – auch wenn sie durch und mit ihm lernen muss, dass der Bewegungsfreiraum von Mädchen und Frauen viel geringer ist als jener der Buben und Männer. Zum äußeren Zeichen dafür wird Abdullahs Fahrrad. Das Wadja auch gerne hätte – obwohl sich das in einer streng sozial und religiös reglementierten Gesellschaft für ein Mädchen nicht schickt. Doch woher die 800 Riad nehmen, die der Händler für das herbeigesehnte Stück (das Stück Sehnsucht) will? Auf Grund des in Aussicht gestellten Preisgeldes entschließt sich Wadjda, in der Schule an einem Koran-Rezitier-Wettbewerb teilzunehmen … Dass es immer ein wenig anders kommt als geglaubt und erhofft, ist auch hier nicht anders; aber der Bewerb fügt den im Film ganz selbstverständlich inszenierten und im Buch miterzählten Einblicken in den restriktiven schulischen und gesellschaftlichen Alltag für Frauen auch ein wenig Kenntnis über den Umgang mit dem Koran hinzu. Die wesentliche Rolle, die das Rezitieren dabei spielt, führt zu einer überraschenden Neubegegnung zwischen Wadjda und ihrer Mutter, die bis dahin zuallererst mit eigenen Sorgen beschäftigt war. Hier hat der Film einen Vorteil gegenüber dem Buch: Dass das Rezitieren von Herzen kommen muss, kann im Buch aus Wadjdas Sicht berührend erzählt werden. Im Film intensiviert sich die Szene durch den Gesang der Mutter. Und dennoch liegt mit der literarischen Adaption des Filmes eine erfreulich unaufgeregte Geschichte aus einem Teil der Welt vor, der gerade wieder zu einem so genannten „Brennpunkt“ geworden ist.


Dieses Medium ist verfügbar.
Dieses Medium ist im Leseförderprojekt Antolin vorhanden.
Bei antolin.de aufrufen

Personen: Al-Mansour, Hayfa

Schlagwörter: Antolin Klasse-5

Al-Mansour, Hayfa:
Das Mädchen Wadjda / Hayfa Al-Mansour. Aus dem Engl. von Catrin Frischer. - München : cbt, 2015. - 302 S.
ISBN 978-3-570-16378-8 fest geb. : Eur 12,99

Zugangsnummer: 2018/0210 - Barcode: 2-0000000-8-00005015-9
Kinderbücher 6-9 Jahre - Signatur: 4.1 AlMan - Buch