Rezension
In Venedig liest der fast 50-jährige Schriftsteller Ernesto in der Zeitung, dass sein ehemaliger Schulkamerad bei einem Überfall in Bari erschossen wurde. Er nimmt den nächsten Zug in seine Heimatstadt. Auf Streifzügen und in Begegnungen erkennt er sich selbst Stück für Stück und die aufgeheizte Atmosphäre in den 1980ern in Italien. Der für seine spannenden Krimis ausgezeichnete Autor und Antimafia-Staatsanwalt Carofiglio (zuletzt 26/13) schreibt nun ein philosophisches, biografisches Werk, das vielleicht die erwartungsvollen Krimifans zunächst enttäuschen mag, aber von so brillanter sprachlicher und psychologischer Fertigkeit steckt, dass die Leser zumindest staunen werden. Er stellt sein literarisches Ich in der Du-Form in der Gegenwart, den Ernesto der Schülerzeit in der Ich-Form dar. So erzeugt er Zerrissenheit und Distanziertheit und dennoch intime Nähe. Die Suche nach der Erklärung der Welt in literarischen Zitaten wechselt sich ab mit Schlägerszenen in der Antifaschismus-Szene. Ein abgrundtiefer Entwicklungsroman auf 2 Ebenen, auf dem grauen Cover gut widergespiegelt, überall gerne empfohlen.
Personen: Carofiglio, Gianrico
Standort: SL
CARO
Carofiglio, Gianrico:
Am Abgrund aller Dinge : Roman / Gianrico Carofiglio. - 1. Aufl. - München : Goldmann, 2015. - 287 S. ; 22 cm
Einheitssacht.: ¬Il¬ bordo vertiginoso delle cose
ISBN 978-3-442-31227-6 fest geb. : EUR 19.99
Zugangsnummer: 80615028923
CARO - sch. Lit.Erw