Rezension
Ihm erscheinen Tote, die im Leben mit ihm in Verbindung standen: Alexander von Gersdorff beginnt mit fast 100 Jahren seine Lebenserinnerungen zu schreiben - auf Japanisch. Er lebt seit 1914 in Japan, nachdem er in Tsingtau, einer deutschen Kolonialstadt in China (vgl. Sibylle Spindler: "Die Ärztin von Tsingtau", ID-A 10/15), von den Japanern gefangen genommen worden war. Als verschlossener 18-Jähriger beginnt er erst im Lager Bando sich selbst und seine seelische Verfassung zu verstehen. Federica de Cesco (zuletzt "Tochter des Windes", ID-A 30/13) gibt einem außergewöhnlichen Mann ihre Stimme. Sie schildert die harten Erziehungsmethoden des standesbewussten Adels vor 1918 und das grausame Kriegsgeschehen in Tsingtau. Sie gibt einen kundigen, liebevollen Einblick in die Mentalität und Geisteshaltung der Japaner und tut dies alles mit starken Bildern, pointierten Reflexionen und unter die Haut gehenden Dialogen. Ein Roman für Japaninteressierte, für alle, die die asiatische Seite des Ersten Weltkriegs kennenlernen und für solche, die einen besonderen Blick aufs Sterben richten möchten, sehr empfohlen.
Personen: De Cesco, Federica
Standort: SL
DECE
De Cesco, Federica:
¬Die¬ neunte Sonne / Federica De Cesco. - Berlin [u.a.] : Europa-Verl., 2015. - 383 S. ; 23 cm
ISBN 978-3-95890-009-7 fest geb. : EUR 19.99
DECE - sch. Lit.Erw