Rezension
Die Tochter Thomas Manns hat ihr Jüdischsein bewusst ignoriert, ihre Mutter, nach den Nazigesetzen nicht nur "Halb-", sondern "Rassejüdin", hat es vehement abgelehnt. Warum? "Warum wollen Juden lieber keine Juden sein?"- das ist die generelle Frage, die Roggenkamp herausforderte, die ihre vordergründig biografische Studie immer wieder ausweitet: Verdrängten die zu verleugnenden homophilen Neigungen bei den Manns das jüdische Bewusstsein? Hätte aus Thomas Mann unter anderen Vorzeichen der große "deutsche Dichter des Nazi-Regimes" werden können? An derart kritisch-ketzerischen Überlegungen mangelt es in Roggenkamps (immer exakt belegter) Untersuchung nicht! Die Autorin hat sich (selbst betroffen: vgl. "Familienleben", BA 5/04) ihrem Thema nicht leichthin gestellt, sich vielmehr kräftig umgetan, weitläufig recherchiert und meistert ihr delikates Unternehmen, intensiv ausschweifend, bravourös. Man wünscht dem Buch, das an einem konkreten Beispiel die Problematik jüdischen Lebens in Deutschland begreifbar macht, weite Verbreitung. (2)
Personen: Roggenkamp, Viola
LIT 273 MAN
Roggenkamp, Viola:
Erika Mann - eine jüdische Tochter : über Erlesenes und Verleugnetes in der Frauengenealogie der Familie Mann-Pringsheim / Viola Roggenkamp. - Hamburg [u.a.] : Arche, 2005. - 250 S. : Ill. ; 22 cm
ISBN 978-3-7160-2344-0 fest geb. : EUR 19.90
LIT 273 MAN - Sachlit. Erw