Rezension
Nach seinen stark autobiographisch eingefärbten Romanen "Stier" (BA 3/92) und "Wäldernacht" (BA 10/94) und nach einem weit weniger überzeugenden Versuch im Dramatischen ("Berlin Blues": ID 49/97) gelingt dem 45jährigen, in Berlin lebenden Autor ein erfrischender erzählerischer Neuansatz. Im Mittelpunkt des mit scheinbar leichter Hand geschriebenen, in der Grundstimmung fast durchweg heiteren und passagenweise handfest komischen Romans stehen die Identitätsprobleme des knapp 20jährigen Lollys, der sich von seinen Eltern, die auf unterschiedliche Weise von ihrer Hippie-Vergangenheit nicht loskommen, unverstanden und im Stich gelassen fühlt und der erst allmählich lernt, seinen Gefühlen zu trauen. Soweit ich dies beurteilen kann, hat Rothmann den Alltagsjargon der heute 20jährigen recht gut getroffen; er ironisiert ihn behutsam, ohne ihn in satirischer Absicht zu diskriminieren. Ein subtil unterhaltender und emotional anrührender Roman, dem ein breites Echo sicher sein dürfte.
Personen: Rothmann, Ralf
ROTH
Rothmann, Ralf:
Flieh, mein Freund! : Roman / Ralf Rothmann. - 1. Aufl. - Frankfurt am Main : Suhrkamp, 1998. - 277 S.
ISBN 978-3-518-40986-2 fest geb. : 39,80 + f
ROTH - sch. Lit.Erw