Rezension
Wer diese Geschichte liest, fragt sich ebenso wie die Autorin im Epilog, wie es sein konnte, dass sie es fast 4 Jahre nicht schaffte, sich aus einer solchen Tyrannei zu lösen. Als knapp 20-jähriges, selbstbewusstes deutsches Mädchen verliebt sie sich Anfang der 1990er-Jahre in einen jungen Türken und geht freiwillig ins Gefängnis eines völlig eingeschränkten, kontrollierten, isolierten Lebens. Sie macht unfassbare Zugeständnisse. Prügel, bald schon Gewaltexzesse, aberwitzige Regeln und Angst beherrschen ihren Alltag zwischen abgestumpften Nachbarn, die auf kein Schreien mehr reagieren und seiner Familie, die clever den deutschen Sozialstaat genutzt und Hochzeiten mit Import-Kindbräuten zelebriert habe. Ihre eindringliche Beschreibung der türkischen Unterschicht-Parallelwelt bekräftigt Sarrazins Thesen (vgl. ID 38/10), worauf sie selbst hinweist. Integrationsfördernd ist das zwar nicht, doch wird man es deshalb nicht unbeachtet lassen dürfen. Heute lebt sie mit Mann und Kindern unter Polizeischutz in Hessen. Ihre Geschichte ist Teil unserer komplexen Alltagswelt und kann überall passen. (2)
Personen: Schneidt, Katja
SOZ 553 S
Schneidt, Katja:
Gefangen in Deutschland : wie mich mein türkischer Freund in eine islamische Parallelwelt entführte / Katja Schneidt. - 3. Aufl. - München : Mvg-Verl., 2011. - 285 S. ; 22 cm
ISBN 978-3-86882-219-9 fest geb. : EUR 17.99
SOZ 553 S - Sachlit. Erw