Rezension
20 Jahre nach dem Mauerfall erhält W. (sicher ist mehr als das Geburtsjahr autobiografisch) eine Einladung als Mitwirkender zu einer Lyriklesung von Untergrunddichtern der DDR. Paradoxerweise war er sich dieser Seite seiner Biografie, die ihm die Stasi-Unterlagen eröffnet, bisher nicht bewusst. Als 16-Jähriger lernte er ein Mädchen aus München kennen und schickte ihr seine wunderbaren lyrischen Ergüsse. Die abgefangenen Briefe geraten ins Visier von Stasioffizier Schnatz. Der sieht Negativtendenzen und vermutet Subversives. Im Anhang finden sich die Gedichte nochmals mit entsprechenden Einschätzungen. Der Autor erzählt die Handlung in Episoden und Rückblenden mit längeren Gedankenassoziationen - eine teilweise absurde, witzige Weise der Auseinandersetzung mit DDR und Stasihysterie, die jede Wehmut vermissen lässt. Aber ob Menschen, die unter dem DDR-System gelitten haben, nicht eher das Lachen im Hals stecken bleibt. Das Buch bietet eine Chance auf unkonventionelle Weise Interesse für deutsch-deutsche Geschichte zu wecken, deshalb auch eine besondere Empfehlung für jugendliche Leser.
Personen: Wieland, Rayk
WIEL
Wieland, Rayk:
Ich schlage vor, dass wir uns küssen : Roman / Rayk Wieland. - München : Kunstmann, 2009. - 206 S. ; 22 cm
ISBN 978-3-88897-553-0 fest geb. : EUR 17.90
WIEL - sch. Lit.Erw