Rezension
Rytcheu ist bislang der einzige, auch international bekannte Autor des Tschuktschenvolkes. Sein literarisches Schaffen zielte von Anfang an darauf, die Kultur des kleinen, im Nordosten Sibiriens lebenden Volkes bekannt zu machen (vgl. BA 7/91; 2/91; 9/92; 5/94; 1/96). Vorliegender Titel entstand im Umfeld der Perestroika; Thema sind die sowjetischen Praktiken der "Zivilisierung" der tschuktischen Ureinwohner, die Rytcheu ungewohnt scharf kritisiert. Tragische Hauptperson seines Romans ist Unna, eine junge Frau, die, wie üblich, bereits als Kind die heimatliche Nomadensiedlung und die Eltern verlassen muß, um der Schulpflicht gehorchen zu können. Nicht üblich ist, daß Unna das fremde komfortable Leben bald zusagt. Ausgestattet mit Ehrgeiz und einem Gespür für politisches Wohlverhalten, arbeitet sie sich in der Nomenklatura nach oben, vergißt Sprache, Herkunft, Familie und assimiliert zu einem perfekten Exemplar für die sowjetische Minderheitenpolitik. Viel zu spät empfindet sie den Verlust ihrer Integrität und ihrer Moral. - Eine meisterhafte Geschichte auf den Spuren verdrängter Schuld, gekonnt erzählt.
Personen: Rytchëu, Juri
RYTC
Rytchëu, Juri:
Unna / Juri Rytcheu. - Zürich : Unionsverl., 1997. - 239 S. ; 20 cm
Einheitssacht.: Unna
ISBN 978-3-293-00244-9 fest geb. : 29,00 + F
Zugangsnummer: 65998007772
RYTC - sch. Lit.Erw