Enttäuscht und ernüchtert hat sich Eschenbach auf einer Vogelinsel in der Elbmündung eingenistet, bis ihn ein Anruf aus seiner selbst gewählten Isolation reißt: Seine frühere Geliebte Anna, die sich aus ihrer unerträglichen Ménage-à-quatre nach New York geflüchtet hat, kündigt ihren Besuch an ... Christian Eschenbach, die Zentralfigur in Uwe Timms neuem Roman (zuletzt "Freitisch", ID-A 10/11), ist mit 53 Jahren im Leben "ganz unten angekommen" und derzeit Vogelwart auf der kleinen Elbinsel Scharhörn. Mit dem Besuch seiner früheren Geliebten, die ihm vor 6 Jahren den Laufpass gegeben hatte, kehren die Erinnerungen an sein früheres Leben zurück: an seine Zeit als erfolgreicher Unternehmer, mit einer wunderbaren Lebensgefährtin an seiner Seite, an die leidenschaftliche Liebesaffäre mit der Frau seines Freundes und schließlich an den Verlust der Geliebten und seiner Firma an einem einzigen Tag. Das Liebes- und Lebensdrama Eschenbachs ist in wechselnden Rückblenden sprachlich eindringlich und psychologisch stimmig erzählt und motivisch dicht verzahnt. Der Roman ist aber auch eine Zeitdiagnose und geht auf skeptische Distanz zu den großen Hoffnungen der 1968er-Generation auf die Befreiung von gesellschaftlichen Konventionen. Fesselnd zu lesen, perspektivenreich in seinen literarischen und zeitgeschichtlichen Rückbezügen, breit empfohlen (Longlist Deutscher Buchpreis 2013).
Freigegeben ab 16 Jahren.
Personen: Timm, Uwe
Timm, Uwe:
Vogelweide : Roman / Uwe Timm. - Köln : Kiepenheuer & Witsch, 2013. - 334 S. ; 21 cm
ISBN 978-3-462-04571-0 fest geb. : EUR 19.99
R 11 - Signatur: R 11 Tim - Belletristik Erw.