Auf dem Cover der deutschsprachigen Ausgabe taucht er überdimensional groß und furchterregend auf – erwachsene MitleserInnen, die in den 1970er-Jahren schon ins Kino durften oder eben nicht durften, aber immerhin das sensationelle Filmplakat bestaunen konnten, werden unschwer erkennen, wer für Bertrand Santinis Hai als Vorlage diente. Wie „Der weiße Hai“ war auch Jonas eine große Nummer im Filmgeschäft, ein Hollywood-Star. „Die Zähne des Todes“ heißt hier jener Film, mit dem der mechanische Held zur Legende des Horror- und Actionfilms wurde. Mittlerweile alt und ohne festen Biss, ist er bloß eine von vielen Attraktionen im Vergnügungspark MonsterLand, sein Weg zur Verschrottung vorgezeichnet. Soweit die Ausgangslage. Damit aber rund 100 actionreiche Seiten folgen können, lässt Santini den Hai ausbrechen und seinen Traum verfolgen: Einmal im echten Meer schwimmen, einmal lebendig sein. Die Bestie will Gefühle! Nach dem preisgekrönten Kinderbuch „Der Yark“, 2014 ebenfalls bei Jacoby & Stuart erschienen, also erneut eine Monstergeschichte von Bertrand Santini. Wobei auch hier der schöne erste Satz aus dem Yark nach wie vor Gültigkeit hat: „Unter allen Monstern, die sich auf der Erde tummeln, ist der Mensch das verbreitetste.“ Diesmal heißt es zudem: „Der Mensch ist ein missratener Affe“. Ergo: Jonas wird gejagt werden, genauso wie sein neuer treuer Freund Loopy, ein aus einem Ozeanpark entkommener Pinguin. Gemeinsam erleben die beiden Gefährten auf ihrer Reise Variationen klassischer Stoffe: „Der weiße Hai“ trifft „Godzilla“ trifft „Moby Dick“ trifft „Jona und der Wal“ trifft „Pinocchio“. Dass die blaue Fee am Ende wie ein deus ex machina erscheint und Jonas in ein lebendiges Ding verwandelt, mag verwundern, passt aber irgendwie auch wieder. Die sehr tollen Bilder von Paul Mager versprühen den Charme von B-Movies der 1950er Jahre und einer Hollywood-Ära, die noch in Schwarzweiß strahlte, Santinis Erzählweise aber ist eher von der Machart, mit der viele neue animierte Blockbusterfilme ihre Abenteuer angehen: Biete eine rasante, spannende Geschichte mit (Überraschungs-) Effekten, erzähle listig und anspielungsreich, plündere das Meer der populären Mythen und nimmt nichts allzu ernst – außer dem Happy-End.
Personen: Santini, Bertrand Mager, Paul Jacoby, Edmund
Santini, Bertrand:
Jonas der mechanische Hai / Bertrand Santini. Mit Bildern von Paul Mager. Aus dem Franz. von Edmund Jacoby. - Berlin : Verlagshaus Jacoby & Stuart, 2015. - 108 S. : Ill.
ISBN 978-3-942787-58-1 fest geb. : ca. Eur 15,40
ab 5. Schulklasse - Signatur: 3.5 SAN - Buch