Die Geschichte eines türkischen und eines armenischen Mädchens und deren Familien. (DR) Armanoush wächst in Amerika als Tochter einer Amerikanerin und eines Armeniers auf. Nach der Scheidung ihrer Eltern und der erneuten Heirat der Mutter - diesmal mit einem Türken - macht sich die 19-Jährige auf, die Wurzeln ihrer Herkunft zu erforschen. Dazu reist sie heimlich nach Istanbul zur Familie ihres Stiefvaters. Im Haus der Kazancís wird sie mit gebührender türkischer Gastfreundschaft aufgenommen. Schnell fühlt sie sich in der nur aus weiblichen Mitgliedern bestehenden Familie wohl. So verschieden die einzelnen Familienmitglieder sind, so fest sind die Familienbande: Die älteste Schwester, eine angesehene Hellseherin sowie konservative und strenggläubige Muslimin, die Jüngste, das schwarze Schaf der Familie, sehr liberal, Besitzerin eines Tatoo-Studios, überzeugte Trägerin von Miniröcken und Mutter eines unehelichen Kindes, dessen Vater sie nie preisgegeben hat. Außerdem sind da neben weiteren Schwestern die Großmutter als Familienoberhaupt und die Urgroßmutter. Die uneheliche Enkelin Asya ist im gleichen Alter wie Armanoush und als beide eine gewisse Seelenverwandtschaft entdecken, werden sie schnell zu Freundinnen. Asya zeigt Armanoush ihre Heimatstadt und führt sie in ihren Freundeskreis, einer Gesellschaft von Intellektuellen und Pseudointellektuellen, ein. In dieser Runde diskutieren die beiden heftig den Konflikt zwischen den Türken und den Armeniern. Die interessante Reise Armanoushs in die Vergangenheit hat ein jähes Ende, als ihre Mutter und ihr Stiefvater davon erfahren und ihr nach Istanbul nachreisen. Als Armanoushs Stiefvater Mustafa nach 20 Jahren erstmals wieder in den "Schoß der Familie" zurückkehrt, brechen alte Konflikte wieder auf und schließlich kommt es zu einem dramatischen Finale. Dieser Roman ist eine Zeitreise durch viele Generationen. Der armenisch-türkische Konflikt spielt dabei genauso eine Rolle, wie das Selbstbestimmungsrecht und die Gleichberechtigung der Frauen sowie die Vaterlosigkeit unehelicher Kinder. Die Autorin packt all diese Inhalte in eine Screwball-ähnliche Komödie, bei der den LeserInnen oftmals das Lachen im Halse stecken bleibt. Die Charaktere sind dabei äußerst detailliert beschrieben und man hat beim Lesen den Eindruck, persönliche Bekanntschaft mit den Protagonisten gemacht zu haben. Sehr zu empfehlen. *bn* Roland Kohlbacher
Personen: Shafak, Elif Gräbener-Müller, Juliane (Übers.)
Shafak, Elif:
¬Der¬ Bastard von Istanbul : Roman / Elif Shafak. - Frankfurt : Eichborn, 2007. - 458 S.
ISBN 978-3-8218-5799-2 Eur 23,60
Romane: Einzelne Kulturen und Länder - Signatur: DR.O Sha - Buch: Dichtung