Franzobel,
Der Schwalbenkönig oder Die kleine Kunst der Fußball-Exerzitien
Buch: Dichtung

Der Schwalbenkönig ist nicht etwa wie der Zaunkönig eine Vogelart, sondern ein Fußballer, der sich im Strafraum fallen lässt, um einen Elfer zu schinden. Allein schon in dieser Erklärung wimmelt es nur so von zweideutigen Begriffen, die zwar der Fußballfan der Fußballerei zuordnet, die aber bei einem Fußballatheisten höchst lyrische Empfindungen auslösen. Strafraum, wird da jemand eingesperrt? Elfer, ist das ein Berg? Franzobel watet mit Wonne in diesem semantisch morastigen Wortfeld, das Spielfeld ist heute tief und der Autor grätscht mit schmerzverzerrtem Gesicht in die Begriffe hinein. Fußball ist nur vordergründig die Spielfläche, auf der diese Kommentare und Geschichten spielen. In Wirklichkeit geht es um die österreichische Kunst, etwas anderes zu meinen, als auf der angesprochenen Spielwiese angesprochen wird. Keine Kulturnation der Welt spielt so grottenschlecht Fußball und redet so reziprok glorios darüber wie die Österreichische! Da wird das Wurstbrot zu einem kulturell-elementaren Ereignis, nichts ist so grob, archaisch und deftig wie ein Biss in das Wurstbrot, kein Wunder, dass Rapid das Wurstbrot ist, wenn es um Spielwitz und Dramaturgie geht. Während Fußballer, sofern sie keine Österreicher sind, am Spielfeld nur so vor Sex strotzen, müssen Schispringer, auch wenn sie Österreicher sind, ihren Körper völlig unerotisch in ein Ganzkörperkondom zwängen. Für eine erfolgreiche Karriere braucht es einen guten Markennamen, brasilianische Fußballkünstler haben das kapiert und halten sich daran. Was aber, wenn jemand Eigenstiller heißt? Wie befriedigt so ein Fußballer sich selbst und das Publikum? Franzobel ist natürlich selbst Fußballer, legendär ist sein Einsatz im Literaturmatch Österreich Ungarn, das wie üblich mit einem österreichischen Desaster endet. So geht auch sein Künstlername auf eine Einblendung des Matches Frankreich gegen Belgien zurück, als in der echten alten Zeit ein Spiel noch zwei zu null ausgehen konnte. Die kulturphilosophischen Glossen sind unter anderem in der NZZ, im FALTER und in der KLEINEN ZEITUNG erschienen und wurden für die Fußball-WM 2006 zu einem saftigen Gedankenkonvolut upgedatet nach dem Motto, es gibt nichts, womit man nicht die Kurve zum Fußball kriegen könnte. Zwischen die Prosa ist heftigste Lyrik geklemmt, wuchtig wie ein Freistoß. Am schönsten dabei jene Stelle, wo ein Fachwort stammelnder Trainer alles in einer Strophe erklärt (154): Nach dem Spiel ist vor dem Spiel? / Können Sie das Folgen? Schauen Sie das ein? Heben Sie ein Gutes Tag? Dann schießen Sie hier rein. / Und brunzen: Tor!" - Grandios daneben! Helmuth Schönauer


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Personen: Franzobel Franzobel,

Schlagwörter: Neuere österreichische Literatur Fußball Autor <Österreich> österreichische Literaur <Neuere>

Franzobel,:
¬Der¬ Schwalbenkönig : oder Die kleine Kunst der Fußball-Exerzitien / Franzobel. - Klagenfurt : Ritter, 2006. - 167 S.
ISBN 3-85415-386-4 fest geb. : ca. Eur 19,90

Zugangsnummer: 0015739001 - Barcode: 0000355469
Prosaanthologien, Österreich - Signatur: DR.AO Fra - Buch: Dichtung