Im Ton wunderbar getroffene Schilderung von Leben und Alltag einer Frau, die in der Langzeitarbeitslosigkeit gefangen ist. (DR) "Jetzt haben Sie die Freiheit, von vorne zu beginnen", so möchte Marias Chef ihr die Entlassung schmackhaft machen. Anna Weidenholzer beginnt Marias Geschichte von hinten, von Kapitel 54 bis Kapitel 1 erleben wir den Werdegang einer Langzeitarbeitslosen. Zwanzig Jahre hat Maria in einer Boutique gearbeitet, jetzt ist sie fast fünfzig, Witwe und arbeitslos. Natürlich weiß man, was man in einer solchen Situation zu tun hat, und Maria macht all das: aufs AMS gehen, Kontakt zu Freunden und Familie aufrechterhalten, sich einen neuen Alltag schaffen. Die neu gewonnene Freizeit sinnvoll nutzen. Wenn sich in diesem Roman "nicht viel tut", dann eben deswegen - im arbeitslosen Alltag gibt es nicht viel Action. Maria ist bemüht um Routine: anziehen, waschen, die Bettwäsche regelmäßig wechseln. Sie hat viel Zeit. Sie macht viele Gedankenexperimente: Was wäre geschehen, wenn sie an dieser oder jener Stelle in ihrem Leben etwas anders gemacht hätte, wenn Dinge anders gekommen wären? So plätschert der Roman dahin, der Ton bleibt gleich, ganz egal, ob es gerade um einen Schicksalsschlag in Marias Leben geht oder um die Schilderung, wie sie sich morgens ankleidet. Das könnte langatmig werden, man taucht aber so völlig ein in die Lebenswelt Marias, dass man sich dem Tempo des Romans mühelos anpasst. Ein sehr gut aufgebauter und erzählter Roman, für den die Autorin merklich aufwändig recherchiert und mit Betroffenen gesprochen hat.
Personen: Weidenholzer, Anna
Weidenholzer, Anna:
¬Der¬ Winter tut den Fischen gut : Roman / Anna Weidenholzer. - 3. - St. Pölten : Residenz-Verl., 2012. - 237 S.
ISBN 978-3-7017-1583-1 fest geb. : ca. € 21,90
Gesellschaft-, Liebes- und Eheromane, Frauen und Familienromane - Signatur: DR.G Weid - Buch: Dichtung