Die Bremer Stadtmusikanten
Buch: Kinder/Jugend

Wer kennt es nicht, das Grimm’sche Märchen von den Bremer Stadtmusikanten? Darin fliehen Esel, Hund, Katze und Hahn vor ihren bösartigen Herrschaften, die sie angesichts ihrer nachlassenden Leistungsfähigkeit dem Tod überantworten wollen. Aber auch eine aussichtslose Situation bietet manchmal eine Perspektive, die in diesem Fall in einer kräftespendenden Vision liegt – nämlich sich als Stadtmusikant in Bremen das tägliche Brot zu verdienen. Das 1819 erstmals veröffentlichte Hausmärchen erfuhr im Laufe der Zeit vielfältigste Interpretationen in Bild und Text. Nun nahm sich mit Gerda Muller auch die „Grande Dame“ der Bilderbuchillustration, wie sie vom Moritz Verlag bezeichnet wird, des hochaktuellen Stoffs an. In detailliert ausgearbeiteten Landschafts- und Alltagsszenerien schickt die in den Niederlanden geborene Künstlerin ihre tierischen Protagonisten durch die Geschichte, und damit durch einen tiefgreifenden Entwicklungsprozess. Auf ihrem Weg in die Stadt stoßen sie auf ein Räuberhaus, verjagen gemeinsam die darin lebenden Diebe und finden so ein neues Heim. Solidarität hilft eben doch. Leichte Glättungen machen den Text verständlicher; hinzu kommen kleine Ergänzungen, die die Gewichtung des Märchens etwas verändern: Von den Räubern erfährt man, dass sie ihr Essen von den Leuten in den Dörfern gestohlen hätten. Und der Dieb, der nach der ersten Vertreibung noch ein zweites Mal in das Räuberhaus geschickt wird, ist hier ein naiver Junge: So wird wohl glaubwürdiger, wie man überhaupt auf die kratzbürstige List der Tiere hereinfallen kann. Die zart nachgestrichelten Tiere lässt Gerda Muller dabei auf breiten Doppelseiten an goldgelben Kornfeldern ebenso vorbeiziehen wie an strohgedeckten Katen, finsteren Wäldern und grünen Weiten. Allem Leiden zum Trotz wirken Esel, Hund, Katze und Hahn kuschelig weich und wohlgenährt: Am liebsten möchte man ihnen ins flauschige Fell oder über die zarten Federn streichen, jedenfalls aber sie eine Weile auf ihrer Wanderung durch die vermutlich mit Kreide oder Buntstift gezeichnete Welt begleiten. Wie furchtbar zeigt sich dagegen Nikolaus Heidelbachs rotäugiger und zähnefletschender Esel, wie elementar präsentieren sich die Bremer Stadtmusikanten, die Shaun Tan grob aus Pappmasché und Ton fertigt. Und wie gepflegt wirken, trotz fehlender Tischmanieren, umgekehrt Lisbeth Zwergers am runden Tisch fläzende Räubergestalten gegenüber den bäurisch-bodenständigen Diebesleuten einer Gerda ­Muller. Für Überraschungen ist die seit vielen Jahrzehnten in Paris lebende Illustratorin aber allemal gut: Das Räuberhaus schneidet sie wie auf einer Theaterbühne im Querschnitt auf, kleine Bildfelder verändern den Fokus und einmal arbeitet sie sogar mit einer Simultandarstellung. Gerda Muller hat mittlerweile mehr als 150 Bücher gemacht, darunter finden sich Bilderbücher, Kinderbücher, Schulbücher und Sachbücher. „Heidi“ illustrierte sie ebenso wie „Rotkäppchen“ (beide Carlsen), und das Spurenbuch „Was war hier bloß los?“ genauso wie das Gartenbuch „Was wächst denn da?“ (beide Moritz). Ihre Bilder sind gegenständlich und wirken manchmal, als seien sie einer heilen, längst vergangenen Welt entnommen. Kindern muss man die Härte des Lebens nicht mitteilen, davon ist Gerda Muller überzeugt: „Wenn ich alleine in meinem Atelier arbeite, spüre ich die Anwesenheit eines Kindes, das mir zusieht und mich – oftmals – lenkt. Für dieses Kind und nicht für Eltern oder Verleger arbeite ich.“ Im Februar wurde Gerda Muller 90 Jahre alt.


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Personen: Grimm, Brüder Muller, Gerda

Schlagwörter: Märchen Grimm, Brüder Gebrüder, Grimm Grimm, Jacob Grimm, Wilhelm

Interessenkreis: Kinder

¬Die¬ Bremer Stadtmusikanten. - Frankfurt : Moritz, 2016. - 28 S. : überw. Ill.
ISBN 978-3-89565-320-9 fest geb. : ca. Eur 14,40

Zugangsnummer: 0028275001 - Barcode: 0000478922
Märchenbilderbücher - Signatur: JD.M Brem - Buch: Kinder/Jugend