Annotation: Ein außergewöhnliches Bilderbuch über Wörter, die uns als Kinder zufliegen, Wörter, die uns im Alter davonfliegen und das Leben dazwischen Rezension: „Die Wörter fliegen“ ist ein außergewöhnliches Bilderbuch. Bereits am Titelbild tauchen wir in eine Welt ein, die vielschichtig und komplex wirkt: In feinen Farbnuancen zwischen Orange und Rosa scheint der Buchtitel auf dem weiß- bis gelbgrün, gewalzt aufgetragenen Hintergrund beinahe zu schweben; darüber schichten sich ein Bär in Grün schraffiert, eine Trommel in Grün gemalt und ein Eis am Stiel in Rosa gezeichnet; dazwischen fliegen Großbuchstaben entweder weiß ausgespart oder in zartem Rosa und in die Mitte der unteren Bildhälfte springt ein barfüßiges kleines Mädchen mit einer roten Schleife im Haar ins Bild. Am Vorsatz zieht es uns dann fast magisch zu einer offenstehenden lichtdurchfluteten Tür hin von großen Druckbuchstaben in Weiß begleitet. Da begegnen wir Oma, die die großen weißen Lettern zu dirigieren scheint; der Raum um sie herum ist nahezu leer. Es gibt lediglich einen Tisch, einen Stuhl und eine Espressomaschine, die nur in Umrissen gezeichnet sind. Der Text dazu ist originell in der weißen Fensterfläche positioniert und die Substantive dabei fett gedruckt: „Tisch, Fenster, Wind, Fliege, Schmetterling.“ Das kleine Mädchen Pia spricht die Wörter nach. „Die Wörter fliegen. Von Oma zu Pia.“ Oma hat immer mehr Wörter und dazu werden immer mehr Bilder sichtbar: ein Bär, ein Tiger, ein Pferd. Pia wird immer größer, ihr Wortschatz immer umfangreicher und die Räume um sie herum nehmen immer mehr Gestalt an. Dann ist Oma auf einmal älter geworden und grau: andere Farben und Bilder erscheinen auf der Bildebene und scheinen dadurch auch in ihrem Bewusstsein zu sein. Außerdem bringt sie einzelne Wörter durcheinander: zur Tasse sagt sie Blume, Kaffee verwechselt sie mit Suppe und mit Teller meint sie Tür. Nachdenklich sitzt sie am Tisch und blickt zum Fenster hinaus, während das Wort TÜR draußen vorbeifliegt. Ihre Verunsicherung und Verwirrung nimmt immer mehr zu und nur mithilfe von alten Fotos vermag sie sich kurz an Einzelheiten ihres Lebens zu erinnern. Schließlich wird es Oma selbst bewusst: „Weißt du, sagt sie, ich glaube, die Wörter fliegen mir davon“. Der Text von Jutta Treiber ist schlicht, einfach und unsentimental. Er erzählt über die Probleme des Älterwerdens und der Altersdemenz hinaus eine Geschichte von jenen Dingen, die im Leben wirklich wichtig sind: der liebevolle Umgang in der Familie, das selbstlose Geben und Nehmen, das Miteinander von Jung und Alt sowie Respekt und Rücksicht für Freiheit und Wohl des/r Anderen. Nanna Prieler hat dazu faszinierende Pastellbilder geschaffen, die die Schrift als graphisches Gestaltungselement einfallsreich mit einbeziehen und das Werden und Vergehen im Leben optisch fantasievoll umsetzen. Ein außergewöhnliches Bilderbuch über Wörter, die uns als Kinder zufliegen, Wörter, die uns im Alter davonfliegen, und das Leben dazwischen.
Personen: Treiber, Jutta Prieler, Nanna (Ill.)
Treiber, Jutta:
¬Die¬ Wörter fliegen. - St. Pölten : Nilpferd in Residenz, 2015. - [13] Bl. : überw. Ill. (farb.)
ISBN 978-3-7017-2146-7 fest geb. : ca. € 14,90
Themen- und problemorientierte Bilderbücher - Signatur: JD.T Wört - Buch: Kinder/Jugend