Flašar, Milena Michiko
Ich nannte ihn Krawatte Roman
Buch: Dichtung

Roman um eine heilsame Begegnung zweier Außenseiter der japanischen Leistungsgesellschaft. (DR) Der vorliegende dritte Roman der jungen österreichischen Schriftstellerin Milena Michiko Flašar, Tochter einer japanischen Mutter, ist in seiner überzeugenden psychologischen Zeichnung der Charaktere, der knappen Sprache, die wie Eis auf einem zugefrorenen See in die Tiefe führt, und dem unbestechlichen Blick auf soziale Gegebenheiten ein stilles Meisterwerk. Die Autorin beschreibt die Begegnung zweier Außenseiter: Der 20-jährige Hiro Taguchi hat sich nach dem Selbstmordversuch seines besten Freundes in die elterliche Wohnung und sein Zimmer zurückgezogen und dieses zwei Jahre nicht verlassen - er ist ein Hikkikomori, wie in Japan meist jugendliche Personen bezeichnet werden, die sich dem Leistungsdruck der Gesellschaft durch totale Kontaktverweigerung, auch gegenüber der eigenen Familie, zu entziehen versuchen. Der 58-jährige "Salaryman" (so bezeichnet man in Japan männliche Firmenangestellte) Tetsu Ohara wiederum bringt es nicht übers Herz, seiner Frau zu gestehen, dass er seine Arbeit verloren hat und daher seinen Tag im Park verbringt. Hier trifft er auf Hiro, der sich - ein großer Schritt - nach zwei Jahren völliger Isolation ins Freie gewagt hat. Langsam nähern sich die beiden Außenseiter einander an, erzählen sich ihre Lebensgeschichte, stellen sich ihren Ängsten und fällen beide mit der Hilfe des anderen eine für ihr Leben folgenreiche Entscheidung. Die Autorin hat die Handlung im heutigen Japan angesiedelt, hält aber in Interviews fest, dass es - in anderer Form - Hikkikomoris auch in der westlichen Welt gäbe. Ein Roman, der in der Figur des Hiro Taguchi der Frage auf den Grund geht, wie beengend eine Gesellschaft sein kann und ob es überhaupt möglich ist, sich jeder Kontaktaufnahme zu verweigern. Am Ende erkennt der langsam ins Leben zurückfindende Hiro, dass nicht nur er, sondern auch seine Familie Hikkikomoris waren, dass also sein Handeln unmittelbare Auswirkungen auf seine Umgebung hatte und der Versuch, völlig zu verschwinden, nur Illusion war. Sehr empfehlenswert. *bn* Monika Roth


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Personen: FlaÜar, Milena Michiko Flašar, Milena Michiko

Schlagwörter: Neuere österreichische Literatur Japan Selbstfindung Identitätsfindung Außenseiter Aussteigen Leistungsdruck Autor <Österreich> österreichische Literaur <Neuere>

Flašar, Milena Michiko:
Ich nannte ihn Krawatte : Roman / Milena Michiko Flašar. - 3. Aufl. - Berlin : Wagenbach, 2012. - 139 S.
ISBN 978-3-8031-3241-3 fest geb. : ca. Eur 17,40

Zugangsnummer: 0020590001 - Barcode: 0000404310
Gesellschaft-, Liebes- und Eheromane, Frauen und Familienromane - Signatur: DR.G Flaš - Buch: Dichtung