Barazon, Ronald
Kampf dem Kapitalismus
Buch: Sachbuch

"Der Kampf gegen den Kapitalismus besteht in erster Linie im Kampf gegen die Gier der Heuschrecken, gegen einen falsch verstandenen Gewinnbegriff. Allerdings gibt es hier keine Waffen im traditionellen Sinn. Da nützen keine Streiks der Arbeitnehmer, da hilft kein Einschreiten staatlicher Stellen. Hier ist Überzeugungsarbeit gefordert …" (S. 30) Pragmatisch, dialektisch unaufgeregt und frei von ideologischer Fixierung geht der Autor, langjähriger Chefredakteur der Salzburger Nachrichten, an die Herausforderungen spätmoderner Wohlstandsgesellschaften im Kontext sich verändernder demografischer und (welt)wirtschaftlicher Rahmenbedingungen heran (viele der Beispiele beziehen sich auf das Land des Autors - Österreich). Liberalismus und soziale Marktwirtschaft sieht Barazon als Grundpfeiler für Prosperität, Demokratie und Frieden; Errungenschaften, die durch eine Verabsolutierung des Shareholder Value-Denkens kurzfristiger Gewinnabsahnung ebenso gefährdet würden wie durch verkrustete Strukturen im Staat. Der Autor streift viele Themen und ergreift - gleich einem journalistischen Kommentator - Position: Er plädiert für Unternehmer mit verantwortlicher Personal- und Investitionspolitik, für eine Neubewertung von Gewinn und Erfolg sowie für einen aktiven Staat, für die Notwendigkeit von Steuern ("Eine Steuersenkung soll man sich nicht leisten können") und - ganz gegen den Mainstream - auch für antizyklisches Intervenieren und Schuldenmachen des Staates, wenn Wirtschaftsflauten dies erfordern. Eine Lanze wird auch gebrochen für das System beitragsfinanzierter Kranken- und Pensionsversicherungen, auch wenn private Säulen (etwa Pensionsfonds) dazukommen werden. Um die Versicherungssysteme wieder autark von Staat und Steuern zu machen, sollen die Reicheren mehr zur Kasse gebeten werden, etwa durch Abschaffung der Höchstbeitragsgrundlagen. Auch das Genossenschaftswesen sollte neben der Aktiengesellschaft, der Rechtsform des Kapitalismus, wiederbelebt werden. Börsen müssten auch für kleinere Unternehmen besser zugänglich gemacht werden, was etwa durch regionale Börsen erreicht werden könnte. Ein starrer Kündigungsschutz behindere effizientes Wirtschaften und schade den Lohnabhängigen mehr als er ihnen nützt, sinnvoller sei eine andere Form der Absicherung der Menschen, "die als angemessen erlebt wird, aber wirtschaftlich vertretbar ist" (S. 163). Hinsichtlich globaler Strukturen fordert Barazon Steuerharmonisierungen statt Steuerdumping sowie eine Stabilisierung der Währungskurse durch die drei großen Währungen Dollar, Euro und Yen sowie eine Reform des Währungsfond, da eine Weltwährung (derzeit) unrealistisch sei. In der Globalisierung sieht der Autor die "segensreiche" Chance, dass mehr Menschen in den Genuss von Wohlstand gelangen. Den Gewerkschaften empfiehlt er eine stärkere Internationalisierung ("Konzernbetriebsräte"). Die Plädoyers für eine "wehrhafte Demokratie", für "Toleranz" als Fähigkeit, die eigene Meinung durch die anderer bereichern zu lassen, sowie für "humanistische Bildung" (einschließlich der Einübung im "dialektischen" Denken) werden wohl auf breite Zustimmung stoßen, nicht so die Ansichten des Autors im Ökologiekapitel. Die Verkehrswende der "erzieherischen Wirkung" von Staus bei gleichzeitigem Angebot eines attraktiven Öffentlichen Verkehrs zu überlassen, mag noch einleuchten, fraglicher erscheint schon Barazons ungebremster Glaube an materielles Wachstum ("da auch satte Konsumenten sich nach Neuem sehnen", S 171). Mutig (in einem Land wie Österreich) erscheint seine Enttabuisierung der Atomenergie, auch wenn diese Zukunftsoption ökologisch wie ökonomisch fragwürdig bleibt. *jbz* Hans Holzinger


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Personen: Barazon, Ronald

Schlagwörter: Globalisierung Kapitalismus Weltwirtschaft

Barazon, Ronald:
Kampf dem Kapitalismus / Ronald Barazon. - Salzburg : Ecowin-Verl., 2006. - 220 S.
ISBN 3-902404-30-2 € 22,00

Zugangsnummer: 0014690001 - Barcode: 0000294713
Weltwirtschaft, Internationale Wirtschaftsbeziehungen - Signatur: GW.S Bar - Buch: Sachbuch