Ein schriller, abgründiger und spannender Kriegs- wie Nachkriegsroman im Zeitraum von 1918 bis 1920. (DR) Der Buchtitel ist angelehnt an die Abschiedszeile des französischen Soldaten Jean Blanchard, der am 4. Dezember 1914 als vermeintlicher Kriegsverräter erschossen und 1921 rehabilitiert wurde: "Wir sehen uns im Himmel, wo uns Gott hoffentlich wieder vereinen wird. Leb wohl, meine liebe Frau". In dem vorliegenden Roman geht es vordergründig um die unheilvolle Geschichte dreier Weltkriegsteilnehmer: Der ruhmsüchtige wie ehrgeizige Leutnant Pradelle, der seine Infanteristen noch in eine sinnlose letzte Schlacht im November 1918 gegen die deutschen "Boches" hetzt und der durch kaltblütige Erschießungen der eigenen Leute bei der französischen Generalität reüssieren will; dann der einfache Soldat Albert, der Pradelles verbrecherische Aktion entdeckt und daraufhin von diesem in einen Bombentrichter voll Leichen und Pferdekadavern gestoßen wird. Schließlich der schwer verletzte Soldat Edouard, dem ein Granatsplitter das halbe Gesicht zerfetzt und der in einem Wahnsinnsanfall den lebendig verschütteten Albert ausgräbt. Die beiden Soldaten kommen fürs Erste mit dem Leben davon und sind von nun an untrennbar miteinander verbunden. Sie werden jedoch verfolgt von den Nachstellungen Pradelles, der in der Nachkriegszeit durch spekulative Machenschaften mit Kriegsgräbern zu Ansehen aufsteigt, die beiden Männer jedoch als Zeugen seines Verbrechens aus dem Weg zu räumen versucht und der - ohne es zu ahnen - in die schwerreiche Familie von Edouard einheiratet. Die Lebenslinien der drei Protagonisten sind gezeichnet vom unterschiedlichen Überlebenskampf in der Nachkriegszeit in Frankreich, die durch chauvinistischen Patriotismus, maßlose Gier und abgründigen Zynismus bestimmt ist. Einzelne Erzählstränge und Episoden erinnern immer wieder an die Tradition der satirischen Kriegs- und Schelmenromane von Grimmelshausen bis Hasek, verbinden sich mit scharfer Gesellschaftskritik und vermitteln aufgrund von intensiven Quellenstudien Wissen über die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Eine zwiespältige Lektüre, in der mit dem Entsetzen über Verbrechen und Kriegsgräuel Scherz getrieben wird, ein Buch, das als eine Gratwanderung zwischen historisch kolorierter Schauerliteratur und zeitloser Gesellschaftskritik einzustufen ist und im Sinne globaler Friedenserziehung für Bibliotheken nur mit Vorbehalt zu empfehlen ist.
Personen: Lemaitre, Pierre Peter, Antje (Übers.)
Lemaitre, Pierre:
Wir sehen uns dort oben : Roman / Pierre Lemaitre. - München : btb Verlag, 2014. - 521 S. - Aus dem Franz. von Antje Peter
ISBN 978-3-442-74882-2 kart.
Politische und sozialkritische Romane - Signatur: DR.Z Lema - Buch: Dichtung