Gibt es in entlegenen Landstrichen genauso typische Mordtodesarten wie es eben typische Speisen und Getränke gibt? Ein guter Provinzkrimi muss solche Überlegungen schlüssig beantworten. Günther Pfeifer stellt die gängigste Hinrichtungsform der Gegend in seinem Waldviertler-Mordbuben-Krimi gleich zu Beginn vor: Der Delinquent wird kopfüber in das Blatt einer Kreissäge gerückt und anschließend wird die Bude abgefackelt. Vor dieser Meldung stehen die beiden Ermittler Hawelka und Schierhuber, die in Wien stationiert sind und sich auf das verlängerte Wochenende im Waldviertel freuen, stammt doch der eine ursprünglich aus Zwettl und der andere aus Horn. Aber nix da, die beiden werden stracks in die Ödnis von Vestenötting geschickt, wo es außer Saufen und Löschen nichts zu tun gibt. Die Bewohner der kleinen Siedlung sitzen beinahe geschlossen im Wirtshaus, alle sind bei der Feuerwehr und untereinander verwandt. Gegen diesen Filz der Verschwiegenheit kommen die beiden Beamten von auswärts nur schwer an, zumal der im Sägeblatt Exekutierte nicht gerade beliebt gewesen ist. Ein Alpha-Tier beim Saufen gibt sich als Graf aus und hat vor Jahren vom Ermordeten ein heruntergekommenes Schlösschen gekauft, eine erste Spur tut sich auf. In der Folge läuft die Geschichte nach den Gesetzmäßigkeiten des Provinzkrimis ab. Dieser spielt immer auf einer leeren sozialen Fläche in der Peripherie, Tat, Motiv und Aufklärung kommen von außen. Denn die echten Provinzler können nur saufen, löschen und schießen, es sind naturgemäß alle Jäger und bei der Feuerwehr. Im konkreten Fall geht es um interessante Geschäftsmodelle, die jeweils in der Grauzone der Illegalität angesiedelt sind. Pornographie, Erpressung, illegale Katzenzucht, verdorbenes Katzenfutter, Kinder als Werbefutter, Aussteiger in einem Seelentempel, Konzerne auf der Suche nach Schiefergas. Das Spannende an solchen Konstellationen ist immer, wie die Probleme des Gemeinwesens in den Zentren weit draußen sich noch einmal konzentrieren, in die Luft fliegen und dann verflüchtigen. Der forensische Plot darf naturgemäß hier nicht verraten werden. Günther Pfeifer zeichnet ein schönes Sittenbild einer verfilzten Gesellschaft, die letzten Endes von den Anforderungen der Gegenwart überfordert ist und sich daher geschlossen abtörnen muss. Das Waldviertel erweist sich als Projektionsfläche, wo die urban Überforderten noch einmal ihre Träume starten, freilich auf Kosten der Natives. - Eine ernüchternde Analyse der Illumination an der Peripherie. Helmuth Schönauer
Serie / Reihe: Haymon Taschenbuch
Personen: Pfeifer, Günther
DR.D
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Pfeifer, Günther:
Hawelka & Schierhuber laufen heiß : ein Waldviertler Mordbuben-Krimi / Günther Pfeifer. - Originalausgabe. - Innsbruck [u.a.] : Haymon-Verl., 2015. - 275 Seiten
ISBN 978-3-7099-7803-0 Taschenbuch, ca. Eur 12,95
DR.D - Schöne Literatur