Die Beschäftigung mit dem Älterwerden heute führt zur Frage nach der Lebensgestaltung im hohen Alter. (NK) Die immer höhere Lebenserwartung stellt uns vor viele Fragen. Dabei drängt die vehement geführte Debatte über die Finanzierbarkeit des Alters andere grundsätzliche in den Hintergrund: Wo und wie müssen sich Rahmenbedingungen unserer Gesellschaftsordnung ändern? Wann sind die Grenzen des Lebens wirklich erreicht? Was bedeutet ein langes Leben für die individuelle Lebensgestaltung? Wo verlaufen die ethischen Grenzen des medizinisch-technisch Machbaren? Der prominente niederländische Geriater Rudi Westendorp befasst sich aus den Perspektiven von Biologie, Medizin und Pflege mit diesen Fragestellungen. Mit großem Fach- und Sachwissen und unter Einbeziehung wissenschaftlicher Untersuchungen zumeist niederländischer Forschungsprojekte legt er dar, warum Älterwerden sich in unserer Zeit so rasant ändert und so vielschichtig geworden ist. Leider tut er dies über weite Strecken recht weitschweifig sowie in einer für den Normalverbraucher mühsam zu lesenden Sprache. Der Diskussionsstoff, der in den Darlegungen enthalten ist - wie z.B. die in Kapitel 8 aufgestellte These "Altern ist eine Krankheit" - verliert dadurch leider an Prägnanz. Dem sich aus der längeren Lebenszeit ergebenden wichtigen Thema der Lebensgestaltung im hohen Alter wendet er sich in den wieder spannender zu lesenden Kapiteln elf bis dreizehn zu. Hier zeigt Westendorp an zahlreichen Beispielen aus seiner beruflichen Erfahrung und seinem persönlichen Erleben - nicht ohne diese wissenschaftlich zu untermauern - auf, was Medizin, Pflege, Politik und letztlich jeder Einzelne dazu beitragen kann, mit dieser durch die demographische Entwicklung hervorgerufenen, neuen Lebenssituation umzugehen. Sich seiner eigenen Fähigkeiten bewusst zu werden und diese zu fördern, sich dadurch innerlich und äußerlich zu entwickeln, ist für ihn das Gebot der Stunde, das alle - Einzelne wie Institutionen oder Organisationen - betrifft. Älter werden bedeutet heutzutage mehr als je zuvor, sein Leben kreativ in die Hand zu nehmen. Ausdrücklich weist er deshalb darauf hin: Kreativität hat weder ein vorgegebenes Mindest- noch Höchstalter. Kreativsein kann man in allen Lebenssituationen. Gedanken zur Bildungsarbeit im Alter sowie philosophische und theologische Gesichtspunkte zum Älterwerden gehören nicht zum Kompetenzbereich des Autors und sind daher in diesem Buch nicht enthalten. Seine Ausführungen verlangen jedoch geradezu nach einer entsprechenden Ergänzung. - Für größere Bibliotheken bzw. Bibliotheken mit entsprechendem Leserkreis.
Personen: Westendorp, Rudi Jänicke, Bärbel Müller-Haas, Marlene
Westendorp, Rudi:
Alt werden, ohne alt zu sein : was heute möglich ist / Rudi Westendorp. Aus dem Niederländ. von Bärbel Jänicke und Marlene Müller-Haas. - München : C.H. Beck, 2015. - 286 S.
ISBN 978-3-406-66762-6 fest geb. : ca. EUR 20,60
Soziologie, Ethnologie - Signatur: VL WEST - Buch: Sachbuch