Er habe gar keinen historischen Roman schreiben wollen, bekennt Jon Walter im Nachwort zu seinem zweiten Buch äMein Name ist nicht Freitagô. Vielmehr habe er diese Vorstellung als erdrückend empfunden, weil ädie Geschichte einem so vieles vorgibt, was man nicht durcheinanderbringen darfô. Warum die Handlung trotzdem vor dem Hintergrund des Amerikanischen Bürgerkriegs und dem Ende der Sklaverei in den USA spielt, verrät er uns auch: Das Buch habe sich aus einer Schreibübung entwickelt, bei der ein anderer als der Sehsinn im Vordergrund stehen sollte. Eben jene Szene bildet auch im tatsächlichen Sinn den Ausgangspunkt des Romans: In einem inneren Monolog lernen wir den Ich-Erzähler Samuel als gottesfürchtigen Jungen kennen, der mit einem Sack über den Kopf auf einem Maultier verschleppt wird. Nach einer gotteslästerlichen Missetat, für die Samuels jüngerer Bruder verantwortlich gemacht wird, hat ihn der Besitzer des Waisenhauses, in dem die Geschwister aufgewachsen sind, an einen Menschenhändler verkauft. Der macht aus dem Waisenkind Samuel den Sklavenjungen Freitag und verkauft ihn an eine Baumwollplantage in Mississippi weiter. äMein Name ist nicht Freitagô - Lange sieht es so aus, als habe Samuel keine Chance, die aufgezwungene Rolle wieder abzulegen. Wie alle anderen Sklaven muss er auf dem Feld arbeiten, schafft es allerdings, ihnen heimlich Lesen und Schreiben beizubringen und damit einen wichtigen Schlüssel für ein Leben in Freiheit in die Hand zu geben. Gleichzeitig rückt kurz vor dem Ende des Bürgerkriegs zusammen mit den Yankees das Ende der Sklaverei in greifbare Nähe. Breit und ruhig, aber dennoch voller überraschender Strudel und gefährlicher Strömungen wie der Mississippi fließt auch der Roman dahin. Weil Samuel vom Sohn des Plantagenbesitzers schwimmen gelernt hat, kann er sich auch dann über Wasser halten, als er aus seiner Gefangenschaft geflohen ist und auf der Suche nach seinem Bruder zwischen Kanonenschiffen den Fluss hinuntertreibt. Als er kurz darauf in die Schusslinie von äWhistling Dickô, einer gefürchteten Kanone, gerät, droht er das in der Eingangsszene nur vorübergehend genommene Augenlicht vollständig zu verlieren. Im Vergleich zu seinem 2015 auf Deutsch erschienenen, nicht durchgängig überzeugenden Debüt äJenseits des Meeresô steuert Jon Walter seinen neuen Roman wesentlich souveräner und überzeugender auf sein Ende zu, das eigentlich erst der hoffnungsvolle Anfang der Geschichte von Samuel und all den anderen als Sklaven gehaltenen Menschen ist. Vor dem eher blass gehaltenen historischen Hintergrund des Bürgerkriegs (ein paar Fakten über den Sklavenhandel werden im Nachwort nachgereicht) lässt er vielschichtige Figuren agieren und schafft mit seinem Protagonisten einen starken, authentisch wirkenden Helden, dessen Schicksal nicht nur ältere Jugendliche, sondern auch jüngere Kinder und Erwachsene bis zur letzten Seite fesselt.
Personen: Walter, Jon Haubold, Josefine
Walter, Jon:
Mein Name ist nicht Freitag / Jon Walter. Aus dem Engl. von Josefine Haubold. - Hamburg : Königskinder, 2017. - 442 S.
ISBN 978-3-551-56020-9 fest geb. : ca. EUR 19,60
Erzählungen und Romane - Signatur: WAL - Buch: Kinder/Jugend