In die Gedankenwelt eines Jungen, der anders ist, da er lieber mit Mädchen als mit Jungs spielt und der mit Vorliebe Mädchenkleider trägt, der sich nichts aus Fußball macht und der wegen seines Andersseins von seinem Umfeld erniedrigt und gedemütigt wird, führt uns der autobiografisch gefärbte Roman "Das Ende von Eddy" des 22-jährigen Franzosen Edouard Louis. "An meine Kindheit habe ich keine einzige glückliche Erinnerung", mit diesem Satz beginnt der Roman. Der Junge stammt aus einfachen Verhältnissen, der Vater will aus dem Jungen einen echten Kerl machen. Die meisten Jungs gehen von der Schule ab, um in der Fabrik zu arbeiten. Auf der Mittelschule wird er regelmäßig verprügelt. Es gibt ein Kapitel mit dem Titel "Schmerz". Die Männer im Dorf in der Picardie saufen und sind gewalttätig. Männer arbeiten in der Fabrik und Mädchen werden Verkäuferinnen. Wenn sie nicht arbeiten, sehen sie fern. Der Fernseher läuft von morgens bis spät in die Nacht. Um seine Eltern nicht zu verunsichern, nimmt er sich vor, sich eine Freundin zu suchen. Seine Versuche, das Mädchen zu küssen, sind einerseits skurril und komisch, auf der anderen Seite tieftraurig. Man erlebt als Leser hautnah mit, was es bedeutet, anders zu sein. Ich werde nicht verraten, wie der Roman endet, aber er geht gut aus. Der Roman überzeugt durch seine Authentizität, die auch weh tut. Da man weiß, dass der Roman autobiografisch ist, sind die Erlebnisse des Jungen schwer zu ertragen. Das Buch schockiert, weil der Autor völlig unverblümt und mit sprachlicher Wucht von einer Kindheit erzählt, die scheinbar ausweglos ist. Aber es gibt zum Glück einen Ausweg.
Personen: Louis, Edouard Schmidt-Henkel, Hinrich (Übers.)
Standort: Bibliotheksreferat
Louis, Edouard:
¬Das¬ Ende von Eddy : Roman / Edouard Louis. Aus dem Franz. von Hinrich Schmidt-Henkel. - Frankfurt am Main : S. Fischer, 2015. - 205 S. En finir avec Eddy bellegueule
ISBN 978-3-10-002277-6 fest.geb.: ca. € 19,60
Romane, Erzählungen und Novellen - Signatur: DR Lou - Belletristik