Wilde Fjorde, vor Jahren verschwundene Menschen und ein traumatisierter Kommissar - ein ganz langsamer Island-Krimi. (DR) Vor Jahren ist eine junge Frau auf ihrem Weg durch den Fjord umgekommen - und nie gefunden worden, obwohl in derselben Sturmnacht auch ein Trupp englischer Soldaten unterwegs war und Einheimische, die versuchten zu helfen. Ein wenig seltsam, aber nicht so ungewöhnlich - der Osten Islands ist halt eine herbe Gegend. Das weiß auch Kommissar Erlendur, er ist schließlich hier aufgewachsen. Warum er aber jetzt im Spätherbst von Reykjavik hierher zurückgekommen ist, im verlassenen und verfallenen Elternhaus campiert und sich unbeirrt auf die Spur der verschwundenen Frau setzt, bleibt erst mal ungewiss. Die Reise in die Vergangenheit ist, das wird aber bald klar, für den sturen Kommissar eine Reise in die eigene Kindheit. Indriðasons Roman um den alten Kommissar Erlendur kommt völlig ohne Action aus. Die wild-karge Spätherbst- bzw. Frühwinterlandschaft ist nicht Kulisse für gewagte Klettereien oder abenteuerliche Bootsfahrten, sondern Bild für die Gestimmtheit der Personen, die Erlendur ein ums andere Mal über die Vergangenheit befragt. Und sie bildet natürlich auch seinen Seelenzustand ab, mit dem es nicht zum Besten steht, wie verraten werden darf. Die langsame Prosa des isländischen Autors entwickelt einen ganz eigenen Sog und kann jedenfalls all jenen LeserInnen empfohlen werden, denen an der psychologischen Auslotung der Figuren mehr liegt als an der Auflösung eines spektakulären Falls.
Personen: Indridason, Arnaldur Bürling, Coletta
Standort: Bibliotheksreferat
Indriðason, Arnaldur:
Eiseskälte : Island-Krimi / Arnaldur Indriðason. Übers. aus dem Isländ. von Coletta Bürling. - Köln : Lübbe Hardcover, 2012. - 396 S.
ISBN 978-3-7857-2462-0 fest geb. : ca. € 20,60
Romane, Erzählungen und Novellen - Signatur: DR Ind - Belletristik