Zerfallserscheinungen in einer wohlhabenden amerikanischen Mittelklassefamilie. (DR) Der beachtliche Debütroman des 1980 in Connecticut geborenen Autors Ted Thompson setzt in den 1960er Jahren ein und reicht bis in die Gegenwart. Der Protagonist Anders - gut 60 Jahre alt und bereits im Ruhestand - beschließt, sich scheiden zu lassen und seiner Frau Helene das große Haus in der feinen Vorstadt zu überlassen, um endlich er selbst sein zu dürfen. Ein Jahr nach dieser Entscheidung beginnt er, seinen Entschluss zu bereuen, doch seine Exfrau hat bereits einen sehr wohlhabenden Lover, und zwar ausgerechnet einen alten gemeinsamen Freund aus der Studentenzeit. Nicht nur die innere Verfasstheit des frustrierten Mannes wird in diesem dreiteiligen Roman messerscharf seziert, sondern auch die extrem fürsorgliche, sich für alles verantwortlich fühlende Mentalität Helenes und der Charakter des missratenen Sohnes Preston. Der Mitgefühl erweckende Erzählstil enthält neben psychologischen Andeutungen auch ironische und pathetische Elemente. Subtil wird Gesellschaftskritik geübt, wenn Anders' fragwürdiger Weg zum Wohlstand (skrupellose Immobiliengeschäfte, die den Keim der Finanzkrise in sich tragen) geschildert wird. Oder wenn der verantwortungslose, leichtlebige Charakter des drogenabhängigen Sohnes Preston auf den Wohlstand der Eltern zurückgeführt wird. - Ein absolut aufschlussreiches, lesenswertes Sittenbild der gehobenen amerikanischen Gesellschaft!
Rezension
Personen: Thompson, Ted Höbel, Susanne
Thompson, Ted:
Land der Gewohnheit : Roman / Ted Thompson ; Susanne Höbel. - Berlin : Ullstein, 2014. - 317 S.
ISBN 978-3-550-08074-6 fest geb. : ca. EUR 21,60
DR.G - Signatur: DR.G Tho - Belletristik