Dr. Marco Carrera erhält vom Psychoanalytiker seiner Frau eine schockierende Nachricht. Sie wird ihn in Kürze wegen eines anderen Mannes verlassen. Das geschieht tatsächlich und der tief getroffene Marco bleibt als alleinerziehender Vater zurück. Tochter Adele entwickelt sich zu einer klugen und eigenwilligen jungen Frau. Mit zwanzig wird sie Mutter, kurz darauf kommt sie bei einem Autounfall ums Leben. Da sie nicht verraten hat, wer der Vater ihres Kindes ist, ist es nun an Marco, noch einmal ein kleines Mädchen aufzuziehen. Um diesen Kern des Romans werden auch die Beziehungen und Verstrickungen von Marcos Eltern und Geschwistern beleuchtet. Es geht um brüderliche Rivalität, labile Mütter und die große Liebe Marcos, die bis auf einige wenige innige Begegnungen nur in sehnsüchtigen Briefen gelebt wird. Auch der verschmitzt sympathische Professor Carradori und ein unheimlicher Freund mit hellseherischer Begabung spielen eine Rolle im Leben des sensiblen Augenarztes. Das alles erzählt Veronesi nicht chronologisch. Stattdessen präsentiert er ein Puzzle, das man, zusehends in diese spannende Familiengeschichte involviert, zu einem Ganzen zusammenfügen möchte. Dem Text merkt man an, dass der Autor seine Figuren mag und das springt auch auf die LeserInnen über. Es ist ein Vergnügen, den ein wenig melancholischen und zugleich tragikomischen "Kolibri" auf seinem Lebensweg zu begleiten.
Rezension
Personen: Veronesi, Sandro
Veronesi, Sandro:
Der Kolibri / Sandro Veronesi. - 1. Auflage. - Darmstadt : Zsolnay, 2021. - 346 Seiten. - Michael von Killisch-Horn
ISBN 978-3-552-07252-7
Romane - Signatur: DR Vero - Buch