Autobiografie eines überzeugten Österreichers. (BI) Fritz Muliar - im Vorjahr im 90. Lebensjahr verstorben - zählt wohl zu den bekanntesten Schauspielern Österreichs. In dieser von Helmuth Niederle zusammengestellten "Bilanz" erfahren wir bekannte und völlig unbekannte Seiten dieses überzeugten Österreichers. Muliar breitet gleichsam in einer langen spannenden Erzählung seine Lebensgeschichte vor uns aus und fasziniert liest man Seite um Seite weiter, manchmal mit stummem Nicken, dann wieder mit Staunen. Es ist eine Schilderung, wie sie selten zu finden ist. Präzise, immer mit einem roten Faden ausgestattet, folgt man den Jahrzehnten der Kriegszeit, der Wiederentstehung Österreichs, dem Aufbruch in den 1950er und vor allem den 1970er Jahren, die für Muliar besonders von einem Mann geprägt wurden: Bruno Kreisky, für den er eine überaus große Wertschätzung empfindet. Überhaupt deklariert sich Muliar als bekennender Sozialdemokrat und Freimaurer, der aber auch beste Freundschaften mit hohen Geistlichen wie Kardinal Franz König und Bischof Reinhold Stecher (ein Kriegskamerad von Muliar) pflegte. Überzeugend legt er offen, sich höchsten Idealen verpflichtet zu sehen. Erhellend auch die Passage, in der er berichtet, dass er den seinerzeitigen Burgtheaterchef Claus Peymann zwar für einen sehr guten Regisseur hielt, aber für einen ganz schlechten Theaterdirektor. Das Wichtigste aber war für ihn der Kampf gegen faschistische Tendenzen, die er in den Persönlichkeiten Jörg Haiders und H.C. Straches festmacht. Überhaupt ist seine "Abrechnung" mit dem rechten Rand in Österreich von schonungsloser, aber notwendiger Offenheit. Seinem immer wieder geäußerten Bekenntnis "Meine Religion: Österreich" ist er zeitlebens treu geblieben. Das Buch ist zudem ein überzeugendes Beispiel für gelebte Zivilcourage, es zählt fast zur "Pflichtlektüre". Allen Bibliotheken wärmstens empfohlen.

---

---

Personen: Muliar, Fritz Niederle, Helmuth A.

Schlagwörter: Autobiografie Österreich Politik Schauspieler