Helfer, Monika
Rosie und der Urgroßvater
Buch

Quelle: 1000 und 1 Buch (http://www.1001buch.at/) Autor: Kathrin Wexberg; Annotation: Jüdische Anekdoten aus Hohenehms. Rezension: Sich Geschichten aus früheren Zeiten zu erzählen, spielt in der Tradition des Judentums eine große Rolle - am deutlichsten ausgedrückt in der Nacht von Pessach, wenn die rituelle Frage gestellt wird, warum diese Nacht so anders ist als die anderen Nächte. Geschichten von früheren Zeiten gewinnen dann besondere Relevanz für das Erinnern, wenn sie von einer Welt berichten, die in dieser Form unwiderruflich verloren ist: Wie jene der jüdischen Bevölkerung "in der kleinen Stadt Hohenems in Austria Europe", von der ihr Urgroßvater Rosie, einem New Yorker Mädchen, jeden Mittwochnachmittag erzählt. Es sind Geschichten voller Gewitztheit und Humor: Wie jene der folgenschweren Verwechslung zwischen dem christlichen Erlöser und dem jüdischen Messias oder des Milchig-Löffels, der den anderen Löffeln eine flammende Rede hält, denn der Löffel ist schließlich der Komiker unter den Bestecken. Von den ausgeschmückten Erlebnissen der anderen kommt der Urgroßvater irgendwann auch zu seiner eigenen (Lebens-)Geschichte - die geprägt ist von der endgültigen Vertreibung der jüdischen Menschen. Dennoch liegt der Schwerpunkt dieser ansprechenden literarischen Miniaturen nicht auf der Shoah, sondern auf der Vielfalt jüdischen Lebens - ein Zugang, der auch jener des Jüdischen Museums in Hohenems ist, dem dieses Buch seine Entstehung verdankt: Monika Helfer und Barbara Steinitz, von der die beeindruckenden Bilder stammen, gestalteten die dortige Dauerausstellung für Kinder, die dafür verfassten Texte wurden von Monika Helfer und Michael Köhlmeier zu den Geschichten von Rosie und dem Urgroßvater weiterentwickelt. Museumsdirektor Hanno Loewy hat Glossar und Nachwort verfasst, die die Geschichten mit ihrer Lust an der Übertreibung in historische Kontexte einordnen. In jeder der Episoden spielt neben der Vergangenheit, die der Urgroßvater lebendig werden lässt, auch die Gegenwart der Familie eine Rolle. Und wenn es um die Erzählung des Urgroßvaters und seiner großen Liebe geht, kommen schließlich die Geschichten der Vergangenheit und der Gegenwart zusammen ---- Quelle: Alliteratus (http://www.alliteratus.com/) Autor: Gabi Schulze; Menschen haben ihre Geschichten, von denen sie nicht loslassen können. Erzählen sie diese weiter, nehmen ihre Erinnerungen Gestalt an. Vergangenes wird in der Gegenwart lebendig und in die Zukunft getragen. Die Zuhörer lassen sich darauf ein, entführt zu werden in eine andere Zeit, an einen anderen Ort, in eine Welt, aus der der Erzähler seine Geschichten schöpft. In der Geschichte von Rosie und ihrem Urgroßvater besucht ein Mädchen, das in New York wohnt, jeden Mittwoch ihren Uropa, einen alten, brummeligen und einsamen Mann. Sie liebt es, ihm zuzuhören, wenn er Geschichten aus Hohenems, seiner Heimatstadt in Österreich, erzählt und er freut sich, dass sie gekommen ist. Sie mag den Geruch seiner Wohnung: "Es riecht nach Bücherstaub, nach alten Schallplatten, dem alten Plattenspieler, dem alten Mann, manchmal nach Kaffee, manchmal nach Zigarrenrauch, nach verkalktem Wasser aus der Wasserleitung und nach Bodenpolitur." Er ist vernarrt in seine Urenkelin und weiß, wie gern sie seine Geschichten hört. Es sind komische, nachdenkliche und lustige Geschichten, in denen es um jüdisches Leben, Bräuche, Sitten und Religion geht. Weil der Urgroßvater Jude ist, musste er im Kindesalter aus Hohenems fliehen. Doch die alte Heimat wird in seinen Erinnerungen lebendig. Diese spiegeln sich auf vielfältige Weise in seinen Geschichten wider. So erzählt er zum Beispiel die Geschichte von Reikle, deren Vater Pferdehändler ist und der in einem sehr kalten Winter seine Tiere ins Haus holt, von Sophie Meyer, die nie gelogen hat, die das Lügen aber vor lauter Bildung perfekt lernt, und von Mendel, dem armen Hausierer, dem die Füße schmerzen, der sich aber keine neuen Schuhe leistet, die ihm dann besser passen würden. Besonders gern hört Rosie die Geschichten, in denen ihr Urgroßvater und Angehörige aus ihrer Familie die Hauptpersonen spielen. Auch wenn sie viele schon auswendig kennt, gelingt es ihr immer wieder, den Urgroßvater zu überreden, diese noch einmal zu erzählen. Er nennt sie dann liebevoll "kleine Tyrannin" und "neunmalkluges Ding". Sie setzt sich neben den Lehnstuhl des Urgroßvaters und lauscht der Geschichte von Claras Hochzeit, der Hochzeit ihrer Oma, oder der Geschichte von Robert, Emma und Julius, einer Liebesgeschichte, in der Rosie erfährt, wie sehr sich Julius, ihr Uropa, in Emma verliebt und beide viele Jahre später heiraten. In einigen Episoden wird das schwierige Verhältnis zwischen Christen und Juden angedeutet. Es klingen gewisse Feindseligkeiten und Vorurteile gegenüber den Juden an. Wörter wie Holocaust und Nationalsozialismus werden jedoch nicht direkt gebraucht, sondern umschrieben. Den Autoren geht es vor allem darum, über den Alltag jüdischer Menschen und deren Traditionen zu erzählen, ihr Zusammenleben mit Menschen anderer Religionen zu beschreiben und aufzuzeigen, welche Probleme dies mit sich bringen kann. Jede Geschichte des Urgroßvaters wird mit dem gegenwärtigen Alltag des Mädchens verwoben. Der Leser erfährt von dem gespannten Verhältnis zwischen dem Urgroßvater und seiner Tochter Clara, die ihren Vater nicht besucht. Umso inniger und warmherziger ist Rosies Beziehung zu ihrem Urgroßvater. Ihre enge Bindung macht sie zu Verbündeten, die sich gegenseitig helfen. Er ist ihr ein Freund, dem sie ihre Probleme anvertrauen kann. Auch wenn sie sich ab und an streiten, kennen sie sich einander so gut, dass sie die Macken des anderen durchschauen und akzeptieren. Die Geschichten des Urgroßvaters regen Rosie dazu an, über sich und ihre Familie nachzudenken. Der alte störrische Mann wiederum lebt durch die wöchentlichen Besuche seiner Urenkelin auf. Durch sie schaut er aus seiner kleinen Welt im großen New York zurück in die große Welt im kleinen Hohenems. Er möchte, dass letztere nicht in Vergessenheit gerät. Es macht ihm aber auch Freude, seine Erinnerungen in Geschichten zu kleiden. So schenkt er Rosie - und damit auch den Lesern - jede Woche eine Geschichte. Und ihr Besuch ist ihm ein Geschenk. Einen besonders anschaulichen Effekt erzielen die ScherenschnittIllustrationen von Barbara Steinitz, die die Geschichten wunderbar ergänzen. Sie sind mit warmen gelben und orangenfarbigen Tönen unterlegt. Dadurch wirken die Scherenschnitte wie von einer Lichtquelle beleuchtet - ähnlich wie beim Schattentheater, wo Figuren abhängig von der Projektionsfläche und Lichtquelle scharf und unscharf darstellbar sind. So kommt es einem vor, als bewegten sich die Bilder. Im Nachwort des Buches erfährt der Leser, dass es in Hohenems ein jüdisches Museum gibt, das "die Geschichten des jüdischen Lebens zwischen Hohenems und der Welt" auch aus der Perspektive von Kindern neu erzählt. Diesem Museum übergaben die österreichischen Schriftsteller Michael Köhlmeier und Monika Helfer ihr Buch. Ein außergewöhnliches Buch über jüdisches Leben - erzählt in Geschichten, die heute Vergangenes lebendig und Fremdes vertrauter machen. ---- Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html) Autor: Cornelia Gstöttinger; Vom jüdischen Leben in früherer Zeit und einem gewitzten Dialog der Generationen. (ab 12) (JE) Rosie liebt die Mittwochnachmittage. Denn dann darf das in New York lebende Mädchen ihren Urgroßvater besuchen und eines ist klar: Niemand kann so gut Geschichten erzählen wie der betagte alte Mann mit seinem Hang zur Übertreibung. Geschichten vom jüdischen Leben im österreichischen Hohenems voller Witz, Melancholie und Tragikomik sind das, Geschichten, die ein Stück jüdischer Kulturgeschichte vermitteln, die aber auch unmittelbar mit Rosies Erlebnissen in der Großstadt verquickt sind. Es ist ein gewitzter, lebendiger Schlagabtausch zwischen dem mit den Strapazen des Alters kämpfenden Urgroßvater und der kecken, selbstbewussten Urenkelin, ein liebevolles Miteinander, in dem sie einander an der Lebenswelt des anderen teilhaben lassen. Die Erzählungen, die das in Hohenems lebende Autorenehepaar Monika Helfer und Michael Köhlmeier hier voller Leichtigkeit schildern, gipfeln in der bewegenden Lebensgeschichte von Rosies Urgroßvater, der zur Zeit des Nationalsozialismus aus Österreich flüchten konnte. Erzählen schlägt Brücken - zwischen Europa und Amerika, zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen den Generationen und Kulturen. Davon berichtet auch der Leiter des Jüdischen Museums in Hohenems, Hanno Loewy, in seinem kenntnisreichen Nachwort, das das Erzählte auf gelungene Weise in ein großes historisches Ganzes einordnet. Die Illustrationen von Barbara Steinitz sind geprägt von ihrer intensiven Auseinandersetzung mit dem Schattentheater und spiegeln mit ihrem Wechselspiel von Hell und Dunkel die Stimmung der Geschichten wider. Ein Glossar macht mit jüdischen Begriffen vertraut. Der mit dem Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis 2011 ausgezeichnete Band ist für LeserInnen ab 12 empfehlenswert, braucht aber wohl Vermittlung und Begleitung eines Erwachsenen. ---- Quelle: STUBE (http://www.stube.at/) Geschichten zu erzählen spielt eine große Rolle, wenn es darum geht, Traditionen weiterzugeben und lebendig zu erhalten. Und Geschichten haben eine besondere Faszination, wenn sie von einer Welt berichten, die in dieser Form unwiderruflich verloren ist: Wie jene der jüdischen Bevölkerung in "der kleinen Stadt Hohenems in Austria Europe", von der ihr Urgroßvater Rosie, einem New Yorker Mädchen, jeden Mittwochnachmittag erzählt. Es sind Geschichten voller Gewitztheit und Humor: Wie jene der folgenschweren Verwechslung zwischen dem christlichen Erlöser und dem jüdischen Messias oder des Milchig-Löffels, der den anderen Löffeln eine flammende Rede hält, denn der Löffel ist schließlich der Komiker unter den Bestecken. Von den ausgeschmückten Erlebnissen der anderen kommt der Urgroßvater irgendwann auch zu seiner eigenen (Lebens-)Geschichte die geprägt ist von der endgültigen Vertreibung der jüdischen Menschen aus Hohenems: "Dort war er selbst ein Kind gewesen und hat gern dort gewohnt, bis er nicht mehr gern dort gewohnt hat. Wenn er nämlich weiter dort gewohnt hätte, hätte er sich verstecken müssen, und wenn man ihn erwischt hätte, wäre er wie seine Mutter und sein wilder Bruder Eugen in ein Lager gekommen, und man hätte nichts mehr von ihm gehört, wie man bis auf den heutigen Tag nichts mehr von seiner Mutter und seinem wilden Bruder Eugen gehört hat." Dennoch liegt der Schwerpunkt dieser literarischen Miniaturen nicht auf der Shoah, sondern auf der Vielfalt jüdischen Lebens und Brauchtums ein Zugang, der auch jener des Jüdischen Museums in Hohenems ist, dem dieses Buch seine Entstehung verdankt: Monika Helfer und Barbara Steinitz, von der die beeindruckenden Bilder stammen, gestalteten die dortige Dauerausstellung für Kinder die dafür verfassten Texte wurden von Monika Helfer und Michael Köhlmeier zu den Geschichten von Rosie und dem Urgroßvater weiterentwickelt, die wiederum oft jenen Geschichten ähneln, die Nachkommen von Hohenemser Juden zu erzählen wissen. Hanno Loewy, der Direktor des Jüdischen Museums Hohenems, hat ein Glossar und ein Nachwort verfasst, sehr informative Texte, die die Geschichte mit ihrer Lust an Übertreibung und Ausschmückung in konkrete historische Kontexte einordnen. In jeder der kurzen Episoden spielt neben der Vergangenheit, die der Urgroßvater in seinen Geschichten so lebendig werden lässt, auch die Gegenwart der Familie eine Rolle: Die Unstimmigkeiten zwischen dem Urgroßvater und seiner Tochter, Rosies Großmutter, aber auch kleine Zwistigkeiten zwischen Rosie und dem Urgroßvater haben ihren Platz. Und wenn es um die Geschichte des Urgroßvaters und seiner großen Liebe geht, kommen schließlich die Geschichten der Vergangenheit und der Gegenwart zusammen Kröte des Monats *STUBE" Kathrin Wexberg


Rezension


Dieses Medium ist verfügbar. Es kann vorgemerkt oder direkt vor Ort ausgeliehen werden.

Personen: Köhlmeier, Michael Steinitz, Barbara Loewy, Hanno Helfer, Monika

Helfer, Monika:
Rosie und der Urgroßvater / Monika Helfer ; Michael Köhlmeier. Mit Bildern von Barbara Steinitz und einem Nachw. von Hanno Loewy. - München : Hanser, 2010. - 140 S. : Ill. (farb.)
ISBN 978-3-446-23587-8

Zugangsnummer: 2814
Jugend 10-14 - Signatur: JE.2 Helf - Buch