Quelle: Pool Feuilleton; Das einzig Spannende an der österreichischen Krimiszene ist mittlerweile der Vorgang, wie sich die Autorenschaft allmählich dem genormten österreichischen Einheitskrimi annähert. Lena Avanzini ist bislang mit dem Sightseeing-Krimi "Tod in Innsbruck" erfolgreich gewesen, worin an jeder Sehenswürdigkeit ein Leichenteil abgelegt wird, so dass am Schluss Innsbruck als Leiche erscheint. Neuerdings verlegt sie sich auf den standardisierten Ö-Krimi, der eine serientaugliche Ermittlerfigur, mindestens drei Bundesländer, eine geschändete Kindheit, kaputte Ehen und mindestens an einer Stelle Marillen aufweisen muss. Lena Avanzini erfüllt diese Vorgaben bravourös, die Hauptfigur Carla Bukowski ist so müde und out-geburnt angelegt, dass sie locker eine zweistellige Zahl von Fällen schaffen wird. Zumal ihr die Fälle zuzufallen scheinen, sie macht im Dienst oder privat kurz die Augen auf und schon ist das Verbrechen da. Wie immer an der Höhenstraße tuscht ein Auto an ein Hindernis neben der Straße, dieses Mal sind drei Personen tot, keine Bremsspuren und man geht von erweitertem Suizid aus. Carla Bukowski ist von diesem Verkehrsunfall so geschafft, dass sie eine Auszeit nehmen muss und wie in Trance in das Auszeit-Bundesland Burgenland fährt. Auf dem Weg dorthin sieht sie einen weiteren Verkehrsunfall, wieder keine Bremsspuren und wieder erweiterter Suizidverdacht. Für die Gruppeninspektorin Carla Bukowski ist das Leben ein Alptraum, zu Beginn und am Ende des Romans werden wir ungefragt Teilhaber dieses Schreckenstraums, worin ihr Sohn Samuel jedes Mal auf einen Abgrund zu rennt und dann wachen entweder die Heldin auf oder wir, weil der Roman zu Ende ist. Dazwischen zeigt sich ganz Österreich als Alptraum, die Figuren sind alle zusammen Schule gegangen und haben sich daraus lebenslängliche Feindschaften aufgebaut. Die Ehen sind allesamt mies und verwerflich, außer jener der Bukowski. Beim erstbesten Gespräch erzählt sie dem nächstbesten Menschen, dass sie mit einem Musiker verheiratet ist, wir müssen das sofort ausbaden, denn zum Frühstück gibt es komplizierte Musik wie aus dem Konservatorium. Je nach Sichtweise geht es quer durch den Fall und durch Österreich schlicht oder unlogisch zu, daher ist es günstig, statt der Handlung die Schlüsselwörter aufzuzählen, die den Fall auf den Höhepunkt treiben: Um Bukowski wird es dunkel, zwei Mädchen sind entführt, der Entführer wird Schwein genannt, weil er ein Mann ist, die Entführten schwimmen in zwei Weintanks um ihr Leben. Am Schluss werden die notwendigsten Missverständnisse ausgeräumt, die Ermittlerin versinkt in den finalen Alptraum. Wir wachen auf, irgendwie froh, dass es vorbei ist. Wenn der Österreichkrimi so erfolgreich ist, darf man davon ausgehen, dass die Österreicher so ticken wie ihre Fälle. - Kompliment! Helmuth Schönauer
Rezension
Personen: Avanzini, Lena
Avanzini, Lena:
Nie wieder sollst du lügen : Carla Bukowskis erster Fall / Lena Avanzini. - 1. Aufl. - Innsbruck : Haymon, 2016. - 343 S.
ISBN 978-3-7099-7848-1
Kriminalromane - Signatur: DK Ava - Buch