Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html) Autor: Martina Moosleitner; Ein stilles, sprachlich perfektes Melodram mit einer faszinierenden, starken Protagonistin. (DR) Eszter ist die einzige Frau, die Lajos je wahrhaftig geliebt hat. Dies jedenfalls versichert er, der Weltenbummler, Luftikus, charmanter Schwindler, der nicht nur Eszter mit seiner Leichtigkeit bezaubert, sondern auch deren Bruder, wie er überhaupt die ganze Familie in seinen Bann gezogen hat. Ihm kann nichts abgeschlagen werden, nichts wird ihm übel genommen, auch nicht, dass er sich immer wieder Geld borgt, ohne es jemals zurückzuzahlen. Auch Eszter liebt Lajos. Seinetwegen ist sie alleine geblieben, nachdem er zur Überraschung aller ihre Schwester Vilma geheiratet hat. Eszter hat selbst zwei Heiratsanträge abgewiesen, sich in ein ruhiges, ereignisloses Leben ohne Lajos gefügt und irgendwann aufgehört, auf ein Zeichen von ihm zu warten. Nun, zwanzig Jahre später, kehrt er als Witwer zurück. Um alles in Ordnung zu bringen, wie er sagt. Eszter ist wie elektrisiert, als sie von diesem Besuch vernimmt, doch an dessen Ende wird sie das einzige, was ihr noch geblieben war, ihr Elternhaus, verloren haben. Denn natürlich kam Lajos nicht zurück, um endlich die Beziehung zu Eszter zu klären - sie selbst erkennt wenige Minuten nach seiner Ankunft die Absurdität dieser Hoffnung -, sondern um erneut seine Haut zu retten. Dass Eszter Lajos Forderung nach ihrem Haus unwidersprochen nachgibt, mag dem heutigen Leser befremdlich scheinen, einen kurzen Moment lang wünschte man, Eszter würde aufbegehren, Lajos Charme als Egoismus entlarven. Doch Eszters selbstlose Reaktion macht erst das ungeheure charakterliche Gefälle zwischen ihr und dem einstigen Geliebten deutlich: sie ist es, die zwar ihren letzten Besitz verliert, ihren Stolz und ihre Würde aber bewahrt. Meisterhaft skizziert Sandor Márai in schlichter Sprache die Seelenlandschaft der Protagonisten und zeichnet deren Gefühlsverirrungen nach. Trotz aller Melancholie, ein Trost bleibt, wie Márai dezent andeutet: auch Lajos wird älter, sein Charme wird verblassen und damit auch seine Fähigkeit, sich jeglicher Verantwortung zu entziehen. - Sehr empfehlenswert.
Rezension
Personen: Márai, Sándor
Márai, Sándor:
¬Das¬ Vermächtnis der Eszter : Roman / Sándor Márai. - München : Piper, 2000. - 164 S.
ISBN 978-3-492-04198-0
Romane, Krimis, Erzählungen und Novellen - Signatur: DR Már - Buch