Was meinen wir eigentlich, wenn wir von unseren "Wurzeln" sprechen? In unsicheren Zeiten beschwören wir (statt der Zukunft) gern Geschichte und Tradition, unser kulturelles Erbe, die gemeinsame Identität. Doch Bilder und Metaphern sind keineswegs unschuldig. Mit dem der "Wurzeln" - so Bettini - drücken wir aus, dass unsere Welt so bleiben soll, wie sie ist. Wir wehren uns gegen Wandel und grenzen uns von anderen ab, deren eigenen kulturellen Wurzeln wir keineswegs dieselbe Wertschätzung entgegenbringen. Die Metapher suggeriert etwas Naturgegebenes, im wahrsten Sinne "Fundamentales", eine quasi automatische Zugehörigkeit. Dabei wissen wir eigentlich, dass auch unsere Kultur wie alle anderen durch Aneignung, Wandel und Vermischung mit fremden Einflüssen entstanden ist; dass die vielzitierte kollektive Erinnerung oft nicht mehr ist als persönliche Nostalgie. Mit funkelnder Ironie umkreist Bettini die vielen Spielarten unserer neuen identitären Obsession: von wiederentdeckten, wenn nicht gar erfundenen Traditionen bis zur Inflation von Gedenktagen, vom Kult der Authentizität und Ursprünglichkeit bis zur Idealisierung von Großmutters Küche.
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Weiterführende Informationen
Personen: Seuß, Rita Bettini, Maurizio
Bettini, Maurizio:
Wurzeln : die trügerischen Mythen der Identität : Verlag Antje Kunstmann GmbH, 2018. - 149 S.
ISBN 9783956142444
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