Wodin, Natascha
Sie kam aus Mariupol
Buch

Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html) Autor: Jutta Kleedorfer; Eine biografische Recherche nach der Mutter im Zusammenhang mit dem Schicksal osteuropäischer, nichtjüdischer Zwangsarbeiter. (BO) Die Autorin erzählt von der jahrelangen Spurensuche nach der Herkunft ihrer Mutter Jewgenija: 1920 in einer ukrainischen Adelsfamilie geboren, geflüchtet vor stalinistischem Terror, 1943 verschleppt mit ihrem um zwanzig Jahre älteren Mann zur Zwangsarbeit in Deutschland. 1945 Geburt der Tochter Natascha bei Nürnberg, die im Nachkriegsdeutschland mit ihrer Familie zu den "displaced persons" gehörte. "Die längste Zeit meines Lebens hatte ich gar nicht gewusst, dass ich ein Kind von Zwangsarbeitern bin. Niemand hatte es mir gesagt, nicht meine Eltern, nicht die deutsche Umwelt, in deren Erinnerungskultur das Massenphänomen der Zwangsarbeit nicht vorkam. Jahrzehntelang wusste ich nichts von meinem eigenen Leben. Ich wusste nur, dass ich zu einer Art Menschenunrat gehörte, zu irgendeinem Kehricht, der vom Krieg übrig geblieben war." Während Nataschas Vater sich in russischen Büchern und Alkohol vergräbt, wird die fragile Mutter vor den Augen ihrer beiden Kinder nach und nach verrückt und begeht Selbstmord. Natascha bleibt von ihr ein vielfach wiederholter Satz beharrlich im Gedächtnis: "Wenn du gesehen hättest, was ich gesehen habe", ohne jedoch zu verstehen, was sie damit meinte. Jahre später, nach vielen vergeblichen Nachforschungen, gelingt es der Autorin über ein russischsprachiges Forum mit Hilfe eines Internetfreaks die dramatische Herkunftsgeschichte mütterlicherseits zu rekonstruieren und zur eigenen Identität zu finden. Aus der biografischen Spurensuche entstand so eine ergreifende Familiengeschichte, die zugleich eine erschütternde Dokumentation ist, die den ganzen Wahnsinn der totalitären Geschichte des 20. Jahrhunderts mit ihren menschenverachtenden Arbeitslagern und Grausamkeiten auf deutscher wie russischer Seite sichtbar macht. ---- Quelle: LHW.Lesen.Hören.Wissen (http://www.provinz.bz.it/kulturabteilung/bibliotheken/320.asp) Autor: Markus Fritz; Wodin ist Schriftstellerin und Übersetzerin, sie kam 1945 in einem Lager für Displaced Persons in Fürth in Deutschland zur Welt. "Sie kam aus Mariupol" ist das Buch über eine Spurensuche. Durch Zufall macht sich die Autorin auf die Spuren ihrer ukrainischen Mutter, die mit ihrem Mann 1943 als "Ostarbeiterin" nach Deutschland verschleppt wurde. Als Wodin 10 Jahre alt war, verübt die Mutter Selbstmord. Sie hat nie über die Zeit als Zwangsarbeiterin gesprochen. Wodin hält sich im Sommer 2013 in einem Ferienhaus an einem See in Mecklenburg auf. Sie tippt den Namen ihrer Mutter in eine russische Suchmaschine und findet prompt einen Treffer. Damit beginnt die Spurensuche. Wodin spricht von einer "Blackbox", da sie kaum etwas über ihre Mutter weiß. Ein gewisser Konstantin, der ehrenamtlich hilft, verschollene Menschen ausfindig zu machen, versorgt sie mit Informationen. Wodin besitzt nur drei Fotos von ihrer Familie und die Heiratsurkunde der Eltern. Es gibt kaum Literatur über die so genannten "Ostarbeiter", wie Göring sie genannt hat, die unter unmenschlichen Bedingungen in Deutschland geschuftet haben. Über 42.000 Zwangsarbeiterlager hat es in Deutschland gegeben. Laut Konstantin war die Familie adelig und hat im Laufe der Oktoberrevolution alles verloren. Nach und nach recherchiert sie die Familiengeschichte: die elegante Großtante Jelena, der Bruder der Mutter, ein Rotarmist, der an der Front Opernarien sang und die Schwester Lidia, die in ein stalinistisches Straflager kam. Die Katastrophen des 20. Jahrhundert spiegeln sich in dieser Familiengeschichte. Das Buch lässt verschiedene Lesarten zu: Man kann es als Familiengeschichte, als Buch über die Zwangsarbeiter in Deutschland und als sehr persönliches Buch einer Spurensuche lesen. Wodin erzählt nüchtern und frei von jeglichem Pathos.


Rezension


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Personen: Wodin, Natascha

Schlagwörter: Holocaust Arbeitslager Ukraine Vertreibung Zwangsarbeit Zweiter Weltkrieg

Wodin, Natascha:
Sie kam aus Mariupol / Natascha Wodin. - Reinbek : Rowohlt, 2017. - 363 S. : Ill.
ISBN 978-3-498-07389-3

Zugangsnummer: 257
Romane, Erzählungen, Novellen (dt.) - Signatur: DR Wod - Buch