Quelle: 1000 und 1 Buch (http://www.1001buch.at/) Autor: Franz Derdak; Annotation: Als Zeitzeuge eindrucksvoll, schildert Johann Gross ohne Sentimentalität und Selbstmitleid seine überaus harten Erfahrungen in NS-Erziehungsanstalten. Rezension: "Ohne Sentimentalität oder Selbstmitleid schildert Johann Gross, was er erlebt, erlitten und gesehen hat, berichtet von der Grausamkeit der Ärzte und des Personals, aber auch von Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft, die ihm von Kameraden und Außenseitern zuteil wurden." Treffend beschreibt der Klappentext diese Aufzeichnungen des 1930 in Wien Geborenen, die umso mehr Bedeutung erlangen, als kaum mehr Zeitzeugen in der Lage sind, ihre leidvollen Erfahrungen aus der Nazi-Zeit etwa im Rahmen von Projekten ganzen Schulklassen mitzuteilen. Darüber hinaus gibt dieser Band noch Anlass zu weiteren interessanten Beobachtungen, nämlich dem mehrfachen Wechsel in der Geschichtsbetrachtung: Christine Nöstlinger wirft im Vorwort einen Blick zurück aus der Gegenwart. Johann Gross selbst tut das keinswegs distanziert aus historischer Perspektive, vielmehr fast aus einer Sicht des Bewusstseins jener Jahre. Nicht um spezielle sprachliche Korrektheit bemüht, sondern in authentisch wirkender Umgangssprachennähe, ist auch politische Korrektheit aus heutigem Wissensstand nicht nachgetragen, wenn etwa auf S.95 und öfter (ohne die sonst bei gewissen Bezeichnungen üblichen Anführungszeichen) von Zigeunern (bekanntlich als "Sinti" und "Roma" in Österreich seit einigen Jahren anerkannte Minderheit) die Rede ist. Wolfgang Neugebauers zeitgeschichtliches Nachwort ist von informativer Sachlichkeit gekennzeichnet. Abschließend noch ein pädagogischer Tipp für den Einsatz des Buches im Unterricht: Bekanntlich wird Geschriebenes am besten behalten. Deshalb die Empfehlung, nach eingehender Auseinandersetzung mit Aufzeichnungen wie diesen oder den Bänden der Reihe "Die Wahrheit 38-45" und dem immer noch unerreichten großartigen Sammelband "Damals war ich vierzehn" (auch als Taschenbuch erhältlich), SchülerInnen in ihrem Verwandten- und Bekanntenkreis nach Erfahrungen jener Zeit forschen und sie schließlich in einem Projektband sammeln zu lassen. ---- Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html) Autor: Renate Langer; Überlebensgeschichte eines "asozialen" Kindes in der NS-Zeit. (GE) *f5* Den Vorwand lieferte eine kleine Unbedachtsamkeit, begangen aus kindlichem Leichtsinn. Der 10-jährige Johann Gross, durch seinen Vater, einen Alkoholiker, ohnehin "erblich vorbelastet", geriet in die Hölle der NS-Erziehungsanstalten. Es folgten fünf Jahre voller Erniedrigungen, Quälereien, Hunger und totaler Überwachung. Doch Johann unterwarf sich nicht. Immer wieder flüchtete er, immer wieder wurde er nach Stunden oder Tagen aufgefunden und zurückgebracht, wo ihn sadistische Strafrituale erwarteten. Vom Erziehungsheim Mödling wurde er in die berüchtigte Anstalt "Am Spiegelgrund" verlegt. Einer seiner Peiniger war der NS-Arzt Dr. Heinrich Gross. "Merke dir eines", sagt einer der Ärzte zu Johann, "wir werden immer stärker sein als du Rotzlöffel. Wir sind schon mit ganz anderen fertiggeworden und am Ende gewinnen immer wir." Ein prophetisches Wort. Der Nationalsozialist Heinrich Gross machte nach 1945 dank SPÖ-Parteibuch Karriere und wurde von der Republik hoch geehrt. Seine Opfer wurden dagegen mit ihren traumatischen Erfahrungen allein gelassen und mussten über fünfzig Jahre lang warten, bis ihnen die offizielle Anerkennung als NS-Geschädigte zuteil wurde. Angesichts des Themas ist die literarische Qualität dieses Buchs zwar Nebensache, dennoch sei vermerkt, dass Johann Gross ungemein anschaulich, lebendig und dabei ganz unsentimental zu erzählen weiß. - Ein wichtiges Buch, das auch in kleinen Bibliotheken keinesfalls fehlen sollte.
Rezension
Personen: Nöstlinger, Christine Gross, Johann Neugebauer, Wolfgang
Gross, Johann:
Spiegelgrund : Leben in NS-Erziehungsanstalten / Johann Gross. M. e. Vorwort von Christine Nöstlinger u. e. Nachw. von Wolfang Neugebauer. - Wien : Ueberreuter, 2000. - 158 S.
ISBN 978-3-8000-3769-8
Sammelbiographie - Signatur: BA Gro - Buch