Der Begriff "Realismus" wird hier in einem erfreulich weiten Sinn verstanden. (KB) Was bedeutet "Realismus"? Die Meinungen darüber variieren von Epoche zu Epoche. Lucie-Smith faßt den Begriff undogmatisch weit auf und relativiert ihn zugleich, indem er ihn mit den historisch veränderlichen Sehgewohnheiten in Beziehung setzt: "Unsere Auffassung von Realismus hat oft mehr zu tun mit dem, was wir zu sehen glauben, als mit dem, was wir tatsächlich vor Augen haben." Diesem Verständnis von Realismus entsprechend, hat der Autor in diesem Band unterschiedlichste Kunstrichtungen versammelt, sofern sie nicht zur Abstraktion tendieren. Werke, die man gemäß europäischen Stilkategorien als impressionistisch oder expressionistisch etikettieren würde, finden sich hier ebenso wie Andy Warhols Brillo-Schachtel und George Segals weiße Gipsfiguren. Natürlich kommen auch jene Künstler nicht zu kurz, die man zum Realismus im engeren Sinne zählen würde, allen voran der in den letzten Jahren auch in Europa wiederentdeckte und bereits in etlichen Bildbänden präsentierte Eward Hopper mit seinen von Melancholie und Einsamkeit überschatteten Menschen, Häusern und Landschaften. Das Buch ermöglicht aber auch Begegnungen mit hierzulande völlig unbekannten US-amerikanischen Künstlern vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Zum Eindrucksvollsten zählen wohl die penibel gemalten Stilleben aus dem späten 19. Jahrhundert, auf denen industriell gefertigte Gebrauchsgegenstände von der fast mystischen Aura barocker Allegorien umgeben sind. - Eine faszinierende Entdeckungsreise durch einen in weiten Teilen unbekannten Kontinent der Kunst.
Personen: Lucie-Smith, Edward Spinner, Claudia
Lucie-Smith, Edward:
Amerikanischer Realismus / Edward Lucie-Smith. - 1. Auflage. - Leipzig : E. A. Seemann, 1994. - 240 Seiten : Illustrationen ; 29 cm. - Aus dem Engl. von Claudia Spinner
ISBN 978-3-363-00624-7 fest geb.
Amerika - Signatur: KB.WM Real - Buch