Der Freiheit gewiss
Zeitschriftenheft

"Spräche der Papst gegen das Gewissen im wahrsten Sinne des Wortes, dann

würde er Selbstmord begehen. Er würde sich den Boden unter den Füßen wegziehen."

John Henry Newman

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Was Newman hier - zugegeben polemisch - formuliert, verweist auf eine über Jahrhunderte gewachsene Theologie und kirchliche Praxis, die dem Menschen die Fähigkeit zu einem in aller Freiheit reflektierten und zugleich christlich verantworteten Gewissensentscheid abspricht.

Der biblischen Tradition entspricht das nicht, denn gerade sie weiß spätestens mit der Exodus-Erzählung von einem Gott, der die Menschen in die Freiheit führt. Und auch die paulinischen Briefe betonen die Freiheit, zu der uns Christus befreit hat (Gal 5,1). Gott, so wie ihn Juden- und Christentum verstehen, ist der einzige Herr, dem zu folgen Freiheit bedeutet.

Die Realität ist eine andere: Etliche Freiheitsrechte konnten erst gegen den erbitterten kirchlichen Widerstand durchge- setzt werden, und noch in den neunziger Jahren wurden die Oberrheinischen Bischöfe für ihre Erklärung, die wiederverheiratet Geschiedenen Gewissensentscheidungen zugestand, vom Papst gemaßregelt.

Aber: Wer sich seiner Freiheit tatsächlich gewiss ist, wird nicht umhin kommen, nach seinem Gewissen zu entscheiden und sein Handeln entsprechend auszurichten und dafür Verantwortung zu übernehmen.

In diesem Sinn liest sich dann auch Amoris laetitia, in dem Papst Franziskus Rang und Bedeutung des persönlichen Ge- wissens als letzte Instanz in Entscheidungssituationen betont.

Ein solcher Entscheidungsprozess legt ein anderes Freiheitsverständnis zugrunde als das heute vielfach vertretene Freiheitsideal, bei dem die egoistisch relativistische Selbstverwirklichung im Vordergrund steht.

Mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Komplexität und Bedeutung einer in Freiheit getroffenen und verantworteten Gewissensentscheidung herauszuarbeiten und zu ihrer Gewissensentwicklung beizutragen, gehört zu den wichtigsten und zugleich schwierigsten Herausforderungen im Religionsunterricht.

Die vorliegende Publikation will hierfür Impulse geben, indem sie im Grundlagenteil drei Autoren zu Wort kommen lässt, die sich dem Thema aus unterschiedlichen Perspektiven nähern: Während Eberhard Schockenhoff einen Beitrag zum Verständnis des Gewissens schreibt, der einen Überblick über biblische und theologische bzw. philosophische Positionen gibt, zeigt Magnus Striet den Zusammenhang von Freiheit und Gewissen als conditio humana auf. Den Abschluss bildet Godehard Bruentrup, der ein Plädoyer für die menschliche Willensfreiheit verfasst.

Inwiefern das Internet eine medienethische Herausforderung darstellt, entfaltet Christian Schicha, während Friedrich Schweitzer in der Rubrik Religionslehrerinnen und Religionslehrer darlegt, warum Fundamentalismus ein Missbrauch von Freiheit ist und welche religionspädagogischen Konsequenzen für den Unterricht gezogen werden können.

Praxisnah beschreibt Eberhard Schwefel vor dem Hintergrund seiner persönlichen Erfahrung, wie Religionslehrerinnen und Religionslehrer mit Abmeldungen vom Religionsunterricht umgehen können, und Sabine Mirbach zeigt auf, wie Gewis- sensbildung und Umgang mit Freiheit im Fachplan Katholische Religionslehre verankert sind.

Ein unterrichtspraktischer Impuls zur Ausstellung Nationalsozialismus in Freiburg von Susanne Karle und informative wie unterrichtsbezogene Link-, Film- und Literaturtipps runden diese Ausgabe ab.


Dieses Medium ist verfügbar. Es kann vorgemerkt oder direkt vor Ort ausgeliehen werden.

Standort: IRP-Publikation

Leseror. Aufstellung: Sek II

Schlagwörter: Verantwortung Gewissen Freiheit Fundamentalismus

IRP Impulse/2017

Der Freiheit gewiss : IRP Freiburg, 2017. - 63 S.
IRP Impulse

Zugangsnummer: 2017/0171 - Barcode: 2-0140488-1-00008977-7
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