Bernardy, Jörg
Ich glaube, es hack! Leben in Zeiten von Tabubrüchen
Buch

Mit dem EDV assoziierenden Haupttitel „Ich glaube, es hackt!“ liegt schon seit 2016 ein Band über „Ein[en] Blick auf die irrwitzige Realität von Computern, Smartphone und IT-Sicherheit“ (bei Springer) vor. Jörg Bernardy setzt sich aber nun mit diesem markigen Spruch als Titel – in mnemotechnisch günstiger Zweifelhaftigkeit zu „es hakt“ (vgl. dazu Bastian Sick in „DER SPIEGEL“, 27.10.2005) – mit einer Gegenwartsgesellschaft auseinander, von der man glauben könnte, „sie sei völlig verrückt geworden“. […] „Vielleicht ist aber gar nicht die Welt verrückt geworden, sondern der Mensch?“ Blicken wir zurück: Weiland war es der elitär in Topdown-Strategie verfügte, von Rousseau definierte Gesellschaftsvertrag: Dabei soll sich der Einzelne dem Allgemeinwohl unterwerfen, welches er dank seiner Vernunft und seiner Einsicht anerkennt. Ob das in der Realität funktioniert, ist jedoch sehr fraglich, denn viele Menschen verfolgen ja ganz offensichtlich ihre eigenen Interessen, selbst wenn diese dem Allgemeinwohl entgegenstehen. Von Hermann Broch beklagter schlafwandlerischer Werteverlust oder die von David Riesman soziologisch konstatierte „Lonely Crowd“ können hier als Markierungen unbefriedigender gesellschaftlicher Entwicklungen gesehen werden. Der studierte Philosoph Jörg Bernardy stellt dazu schon im Untertitel die Phänomene der Brüche von Tabus, die vielfach als universelles Ordnungsprinzip nützlich fungierten. Zur Veranschaulichung der gegenwärtigen Disparitäten fächert Bernardy nun Phänomen für Phänomen deskriptiv ohne normative Zwänge – wie in einem säkularen Spiegel – überaus ansprechend auf: vom Lügen, über das Provozieren, Verarschen, Haten, Manipulieren bis hin zum Überwachen, Protestieren und schließlich – schon recht konstruktiv – zum Engagieren. Und hier wäre es für Lesende dieses Bandes wohl durchaus sinnvoll, eine frühere Publikation von Bernardy (ebenso bei Beltz & Gelberg, 2020) zusätzlich zur Hand zu nehmen: „Philosophische Gedankensprünge“ mit dem so wichtigen aufklärerischen Impetus „Denke selbst!“ als Untertitel, also „Sapere aude!“ Damit würde – jetzt bottom up – ein neues Zusammenleben angestrebt, mündend im Appell Bernardys: „Wie engagierst du dich für deine ideale Gesellschaft?“ Bernardys vorliegender Band bietet, substantiell pointiert, in ausgezeichnet graphisch verzahnter Präsentation nicht nur für jugendliche Lesende sehr empfehlenswerte Reflexionsflächen zur Diskussion vieler brandaktueller gesellschaftlicher Phänomene. Somit empfiehlt er sich hervorragend als Arbeitsgrundlage für den Ethikunterricht wie für Sozialkunde und Politische Bildung. Zusätzlich sollte er – wie auch andere Bände des Autors (wozu der Verlag Leseproben auf beltz.de anbietet) – in keiner Schulbibliothek fehlen!


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Personen: Bernardy, Jörg

Interessenkreis: Satire Überwachung Fake News Tabu Wut

Bernardy, Jörg:
Ich glaube, es hack! : Leben in Zeiten von Tabubrüchen / Jörg Bernardy. - Weinheim : Beltz & Gelberg, 2021. - 173 S. : Ill.
ISBN 978-3-407-75590-2 fest geb. : EUR 16,95

Zugangsnummer: 2022/0454 - Barcode: 01965056
Gesellschaftslehre (Soziologie) - Sozialpsychologie - Signatur: Nb Berna - Buch