Eine erfolgreiche Werbetexterin zieht von Berlin aufs Land und begegnet dort dem Unerwarteten. (DR) Dora ist eine erfolgreiche Werbetexterin und lebt mit ihrem Freund und der Hündin "Jochen der Rochen" in Berlin. Als die Coronakrise ausbricht, verwandelt sich ihr Freund von einem engagierten Umweltaktivisten in einen militanten "Coronamaßnahmen Unterstützer". Als er Dora schließlich verbieten will mit ihrer Hündin Gassi zu gehen, gibt das für sie den Ausschlag aus der Beziehung auszubrechen. Sie kauft sich ein altes Haus mit riesigem Grundstück in dem brandenburgischen Dorf Bracken - mitten im Nirgendwo - und zieht prompt um. Das Dorf scheint allen Klischees der brandenburgischen Provinz zu entsprechen: Alle Bewohner sind AfD-WählerInnen und es fehlt jegliche Infrastruktur. Zum Einkaufen muss man mit dem Auto in den nächsten Ort fahren und es fehlen sowohl Arztpraxis als auch eine Apotheke. Kein Wunder, denkt Dora, dass sich die Bevölkerung hier völlig im Stich gelassen fühlt. Besonders Doras kahlrasierter Nachbar, der sich mit den Worten: "Ich bin Gote, der Dorf-Nazi" bei ihr vorstellt, scheint ihren Eindruck von der Provinz zu bestätigen. Die Protagonistin ist völlig geschockt, aber widersteht ihrem ersten Impuls, so schnell wie möglich zu verschwinden. Nach und nach erkennt sie, dass sie die Menschen in Bracke falsch eingeschätzt hat - insbesondere Gote, der ihr immer wieder ungebeten und zuerst unerkannt hilft, ihr Haus und Garten wieder in einen bewohnbaren Zustand zu versetzen. Ein einfühlsamer Roman, der sehr sorgfältig und behutsam mit dem Thema Rassismus und Rechtsextremismus umgeht. Aber es handelt sich hier auch um einen Gesellschaftsroman, der unser Zusammenleben in Zeiten von Corona betrachtet. Interessant und tiefgehend - ein Werk, das viel Spaß beim Lesen macht. Sehr zu empfehlen.
Personen: Zeh, Juli
Zeh, Juli:
Über Menschen / Juli Zeh. - 6. - München : Luchterhand, 2021. - 412 S.
ISBN 978-3-630-87667-2 fest geb.
Belletristik - Signatur: Z Zeh J - Buch