Schon das Cover knallt einem entgegen: Vor einem leuchtenden Hintergrund, der sich farblich irgendwo zwischen Koralle, Lachs und Grapefruit bewegt, blickt einem ein freundliches Strichgesicht mit Brille entgegen. Ein darüber schwebender Hut ist in Braille-Schrift beschriftet, die man in dem schön gestalteten und fein anzugreifenden Sachbuch auch gleich lernen kann. Ganz oben wiederum sitzt eine schneeweiße Eule. Sie zeigt in ihrer Scharfsichtigkeit vor allem eines – wie spannend es ist, die Welt einmal mit anderen Augen zu betrachten. Anregungen dazu liefert das mit vielen kleinen Texthäppchen und reduzierten Bildern versehene Buch zur Genüge. Übersichtlich auf Doppelseiten aufbereitet, erfährt man viel Spannendes aus der Welt des Sehens. Wie ein Auge funktioniert, wird ebenso erklärt wie über optische Geräte, Farbspektren, Spiegel, Brillen, Periskope oder Teleskope informiert wird. Dass Sehen auch eine Frage der Wahrnehmung ist, belegen wiederum optische Täuschungen oder eine imaginäre Reise in die Augen von Tieren. Wer weiß schon, dass ein Zebra ein Blickfeld von 340 Grad hat und ein Hund hauptsächlich Grau-, Blau- und Gelbtöne wahrnimmt? Das Besondere an diesem fast quadratischen und leicht überformatigen Titel ist aber sicher sein fast schon philosophischer Zugang, der weit über die kompetente Beantwortung von Sachfragen hinausgeht. Immer wieder öffnen assoziativ anmutende Beobachtungen aus der Ich-Perspektive den Blick auf tieferliegende Fragen. „Ich suche Schönheit und finde sie selbst in ganz alltäglichen Dingen“, heißt es beispielsweise bei einem Exkurs über die Ästhetik, oder „Sehen ist mehr als die Wahrnehmung über die Augen“ bei einer Präsentation der übrigen Sinne. Einen Kritikpunkt an diesem klug aufbereiteten und farbkräftig gestalteten Werk gibt es allerdings doch: Teilweise wirkt die Schrift recht klein und die weißen Buchstaben sind vor andersfarbigem Grund nur schwer zu entziffern. Es mag durchaus sein, dass jüngere Augen die Texte besser lesen als meine. Aber in einem Buch über das Sehen – das dazu noch für Erwachsene anregend zu lesen ist – sollte das Entziffern doch möglichst allen Leserinnen und Lesern leicht gemacht werden.
Altersempfehlung: ab 8 Jahren.
Personen: Romanyschyn, Romana Lessiw, Andrij Dathe, Claudia
Leseror. Aufstellung: Jugendsachbuch EG
Romanyschyn, Romana:
Sehen / Romana Romanyschyn und Andrij Lessiw. Aus dem Ukrain. von Claudia Dathe. - Hildesheim : Gerstenberg, 2021. - [56] S. : Ill. (farb.). - Aus dem Ukrainischen
ISBN 978-3-8369-6050-2 fest geb. : 20,00 EUR
Naturwissenschaften - Signatur: Sinne; Sehen - Buch