Ich Teich am Waldrand schwammen eine kleine Plötze und eine Kaulquappe zwischen den Wasserpflanzen. Die beiden Freude waren unzertrennlich. Eines Morgens entdeckte die Kaulquappe, dass ihr über Nacht zwei kleine Beine gewachsen waren. Kuck mal, sagte sie stolz, kuck doch mal, ich bin ein Frosch! Quatsch, sagte die Plötze. Wie kannst du ein Frosch sein, wenn du doch gestern Abend ein Fisch gewesen bist, genau wie ich! Sie redetetn und redeten, bis schließlich die Kaulquappe sagte: Frösche sind Frösche und Fisch ist Fisch, so ist es nun mal. In den Wochen darauf wuchsen der Kaulquappe auch vorn winzige Beine, und ihr Schwanz wurde kleiner und kleiner. Und eines Tages kletterte ein richtiger Frosch aus dem Wasser heraus auf die Wiese. Auch die kleine Plötze hatte sich inzwischen zu einem richtigen Fisch ausgewachsen. Oft fragte sie sich, wo ihr vierfüßiger Freund wohl geblieben war. Doch Woche um Woche verging, ohne dass der Frosch zurückkam. Mit einem fröhlichen Plumpsen, das die Wasserblumen ganz durcheinanderbrachte, hüpfte dann eines Tages der Frosch in den Teich. Wo bist du gewesen? fragte der Fisch aufgeregt. Ich bin an Land gewesen, sagte der Frosch. Ich bin überall herumgehüpft, und ich habe ganz seltsame Sachen gesehen... Vögel, Sie haben Flügel und zwei Beine und ganz viele Farben...Kühe, sie haben vier Beine, Hörner, fressen Gras und tragen Säcke voll Milch...Und Menschen. Männer, Frauen und Kinder. .... Und er erzählte, bis es im Teich dunkel war. Aber der Fisch konnte nicht schlafen. Sein Kopf war vollö von Lichtern, Farben und aufregenden Bildern. Ach, könnte er doch nur umherhüpfen wie sein Freund und diese wundervolle Welt sehen!
Die Zeit verging. Der Frosch war wieder fort....
Der Fisch beschloß eines Tages, komme, was wolle: Ich muss sie sehen. Und mit einem mächtigen Schlag seiner Schwanzflosse sprang er aus dem Wasser geradewegs ans Ufer. Er landete im trockenen, warmen Gras. Und da lag er nun und schnappt nach Luft. Er konnte nicht mehr atmen, er konnte sich nicht rühren. Hilfe! japste er. Zum Glück sah ihn der Frosch, der in der Nähe auf Schmetterlingsjagd gewesen war, und mit aller Kraft schubste er ihn zurück in den Teich. Ganz benommen trieb der Fisch umher, doch nur für einen Augenblick. Dann atmete er tief, und das klare, kühle Wasser rieselte ihm duch die Kiemen. Nun fühlte er sich wieder schwerelos. Mit einem winzigen Schlenker seiner Schwanzflosse konnte er hin und her und rauf und runter gleiten wie zuvor. Die Sonnenstrahlen drangen bis hinab zu den Wasserpflanzen und schoben farbige Lichtflecke vor sich her, ganz sacht.
Jetzt wußte er: Diese Welt ist die schönste aller Welten. Er lächelte hinauf zu seinem Freund, dem Frosch, der ihm son einem Seerosenblatt aus zusah. "Du hast recht", sagte er, "Fisch ist Fisch".
Personen: Lionni, Leo
Lionni, Leo:
Fisch ist Fisch : Deutsch von Thomas Gostischa / Leo Lionni. - 11. Auflage. - Köln : Middelhauve, 1983. - 28 S. - (Die Reihe der heimlichen Bestseller)
ISBN 978-3-7876-9730-4
Vor- und Grundschulkatechese, allgemein - Signatur: Ka 5 Lio - Buch