Ørstavik, Hanne
Liebe Roman
Dichtung/Belletristi

Roman über eine intensive Mutter-Sohn-Beziehung, die möglicherweise am anhaltenden Schweigen und Missverstehen zerbricht. (DR) Jon wird diese Nacht neun Jahre alt und wünscht sich eine Märklin-Eisenbahn zum Geburtstag. Er ist mit seiner Mutter Vibeke vor nicht allzu langer Zeit aus dem Süden Norwegens in den Norden gezogen und noch nicht wirklich integriert. Seine Mutter, die in der norwegischen Kleinstadt als Kulturmanagerin der Gemeinde arbeitet, vertreibt sich die Freizeit mit dem Lesen von Romanen und dem Träumen von einer gelingenden Beziehung. Als LeserIn erfährt man nicht viel von der Vorgeschichte der beiden. Im Laufe der Zeit ergibt sich aus einem von Jon reflektierten Dialog mit seiner Mutter, dass Vibeke für eine dauerhafte Beziehung noch zu jung gewesen sei, im Süden scheint eine weitere Beziehung der Mutter ohne Erklärung für den Jungen abgebrochen worden zu sein und der Aufbruch in den Norden war wohl auch hastiger als geplant und vielleicht nicht ganz freiwillig. Jon blinzelt ständig, Vibeke träumt unablässig von dem idealen Mann. Die norwegische Autorin Hanne Ørstavik beschreibt in ihrem vorliegenden Roman, der bereits vor 20 Jahren erschien, aber jetzt erst ins Deutsche übersetzt wurde, in zwei stets ineinanderspielenden Erzählsträngen die Geschichte einer Nacht. Einmal als die Geschichte Vibekes: Mit einem Mann, einer Zufallsbekanntschaft aus einem Wanderzirkus, fährt sie durch die Gegend und geht in eine Bar, ohne dass sich ihre Sehnsucht nach einer tragenden Beziehung auch nur ansatzweise erfüllt. Und einmal als Geschichte Jons, der, ohne dass es seine Mutter bemerkte, das Haus verlässt, nach dem Spiel mit zwei Mädchen vor verschlossener Tür steht, mit einer geheimnisvollen Frau aus dem gleichen Zirkus durch die Winterlandschaft fährt und bei der Rückkehr den Unfalltod seiner Mutter befürchtet. Ein kurzer Roman mit einer kristallklaren Sprache und knappen Dialogen, die mehr verbergen als offenbaren. Thema dieser Wintergeschichte, in der sich der Schnee als Metapher für Isolation und Selbstzweifel anbietet und die wie eine griechische Tragödie auf einen traurigen, schicksalshaften Schluss zusteuert, ist das Ringen um Kommunikation und das Misslingen derselben, was, wie das offene Ende anzudeuten scheint, Jon mit seinem jungen Leben bezahlen muss. Verstörend und faszinierend zugleich.


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Personen: Ørstavik, Hanne Hron, Irina

DR Ørs

Ørstavik, Hanne:
Liebe : Roman / Hanne Ørstavik . Aus dem Norweg. von Irina Hron. - Düsseldorf : Rauch, 2017. - 125 S.
ISBN 978-3-7920-0250-6 fest geb. : ca. EUR 18,50

Zugangsnummer: 0029023001 - Barcode: 01031699
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