Nach dem Tod seines kriminellen Vaters findet Thomas in dessen Sachen ein großes Geldbündel und beschließt, es für sich zu behalten - eine folgenschwere Entscheidung, die in einer Katastrophe endet. (DR) Die Geschwister Thomas und Jenny hatten eine traumatische Kindheit. Sie waren noch klein, als die Mutter die Familie verließ und sie dem Vater, einem Schläger und Säufer, ausgeliefert waren. Während Jenny als Krankenpflegerin zusammen mit ihrer Tochter nur schlecht und recht über die Runden kommt, hat Thomas den Aufstieg geschafft. Er führt mit einem Freund ein gut gehendes Papierwarengeschäft und lebt mit seiner attraktiven Freundin Patricia in einer schicken Wohnung. Die Geschwister sind vor allem erleichtert, als sie vom Tod des Vaters erfahren. Beide schlagen das Erbe aus, Jenny nimmt aus dessen Wohnung lediglich einen alten Toaster mit. Als sie feststellt, dass er kaputt ist, bittet sie ihren Bruder, ihn zu reparieren. Dabei macht Thomas einen überraschenden Fund: Er entdeckt ein dickes Geldbündel, das höchstwahrscheinlich aus dem letzten Coup seines Vaters stammt. Thomas beschließt, weder zur Polizei zu gehen noch mit Jenny zu teilen. In der Folge wird sein Geschäft verwüstet, seine Freundin vergewaltigt, vom Täter fehlt jede Spur. Die Beziehung von Thomas und Patricia verschlechtert sich zusehends, in Thomas steigen Gewaltfantasien auf - und es bleibt nicht nur bei den Fantasien. Der Roman schildert überzeugend die ambivalenten Beziehungen - sowohl zwischen den Geschwistern als auch zwischen Thomas und Patricia. Die traumatische Kindheit mit dem gewalttätigen Vater in einem asozialen Milieu scheint gerade Thomas erfolgreich hinter sich gelassen zu haben. Dass dem nicht so ist, kommt immer mehr zu Tage. Und es ist die weniger stabile Jenny, die zunehmend an Kontur gewinnt. Die Autorin wirft mit dieser Kombination aus Kriminal- und Familienroman einen beeindruckenden Blick in die Abgründe der menschlichen Seele und die Wiederkehr des Verdrängten. Sehr zu empfehlen!

---

Personen: Aidt, Naja Marie