"Teufelsbraten" erzählt aus dem Leben der jungen Hildegard, genannt Hilla, die aus einer strengen katholischen Arbeiterfamilie am Rhein zwischen Köln und Düsseldorf stammt und in den 1950er-Jahren mit der Enge ihres Milieus zu kämpfen hat. Sie sei ein „Düvelsbrode“, ein Teufelsbraten, sagt Hillas Großmutter stets zu ihrer aufbegehrenden Enkelin, halb tadelnd, halb augenzwinkernd, immer liebevoll. Grundlage der warmherzigen und einfühlsamen Literaturverfilmung ist der autobiografisch gefärbte Roman "Das verborgene Wort" von Ulla Hahn, mit dem die Autorin 2001 ihre phänomenale Roman-Tetralogie begann.
Teil 1 erzählt von Hillas Kindheit und beginnt im Jahr 1951 in einer grauen, schmutzigen Industriestadt am Rhein. Eine Familie schlägt sich durch: arm, ungebildet, streng religiös, intolerant, misstrauisch gegenüber Bildung, vor allem bei Frauen. Für die fünfjährige Hilla, die unbedingt lesen und schreiben will, ist es die reine Qual, in so einer Familie aufzuwachsen. Einziger Verbündeter ist ihr Großvater, der ihr Talent erkennt und sie ermutigt, ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen.
Hilla wächst heran und entdeckt die Macht der Sprache sowie die Schönheit der Worte. Obwohl ihre Liebe zu Geschichten und Literatur ihren engstirnigen Vater rasend macht, stillt sie weiter ihren Wissensdurst. Ihre proletarische Arbeiterfamilie fühlt sich dadurch in ihrem kleinbürgerlichen Grundfesten erschüttert.
Regisseurin Hermine Huntgeburth glückte mit ihrem Zweiteiler eine authentische Darstellung der sozialen und politischen Umstände der 1950er-Jahre, die von konservativen Werten, engstirnigen Geschlechterrollen und einem starken Nachkriegsfrust geprägt waren. Besonders beeindruckend ist die schauspielerische Leistung der jungen Hauptdarstellerin Anna Fischer, die Hildegards innere Zerrissenheit zwischen familiärer Loyalität und dem Wunsch nach Selbstverwirklichung glaubhaft und berührend darstellt.
"Alles beginnt damit, dass die kleine Hildegard am Rheinufer einen 'Buchstein' aufsammelt. Es ist der Opa, der das Mädchen über die spezielle Magie des Fundstücks aufklärt: dass man auf seiner Oberfläche Geschichten lesen kann, wenn man nur mit genügend Fantasie ausgestattet ist. Hildegard hat davon reichlich - und schon sind die Vorzeichen gesetzt für eine anrührende Coming-of-age-Geschichte (...)
So fesselnd authentisch, so heimelig und schrecklich zugleich entfaltet sich das Drama, dass selbst ein Gastauftritt des berüchtigten Nebendarstellers Harald Schmidt ('Das Traumschiff', 'Unser Charly') als schmieriger (Unter-)Wäschevertreter problemlos darin aufgeht.
Das große Glück von 'Teufelsbraten' aber ist es, dass kurz vor Ende des ersten Teils Anna Fischer die Rolle der Hildegard übernimmt. Nicht dass Nina Siebertz und Charlotte Steinhauer, die die Figur in ganz jungen Jahren verkörpern, ihre Sache schlecht machen würden, im Gegenteil. Mit der 21-jährigen Fischer aber (...) erhält die Geschichte ein neues Zentrum; sie ist das Gesicht und die Seele der zweiten 90 Minuten. Mit ihrem Eintritt in die Handlung benennt sich die zum Teenager gereifte Hildegard in Hilla um, findet in der gut situierten Bürgerstochter Doris (Alice Dwyer) eine Freundin und durchläuft enthusiastisch jene Lebensphase, die der Deutschlehrer zu Beginn mottogleich mit Kreide an die Tafel wirft: 'Sturm und Drang'. (...)
So wird 'Teufelsbraten' zum großen Panorama von Heimat, Familie und Aufbruch, milieuecht und doch von allgemeiner Gültigkeit. Selten wirkte ein Happy End so wenig kitschig - und so hart erarbeitet." (Peter Luley, auf: spiegel.de)
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Teufelsbraten Teil 1
Schauspieler: Charlotte Steinhauer, Peter Franke, Margarita Broich, Ulrich Noethen, Ignaz Kirchner, Nina Siebertz, Petra Welteroth, Anna Fischer, Barbara Nüsse, Ludger Pistor; Sound Design: Sven Mevissen; Montage: Eva Schnare; Musik: Andreas Schäfer, Biber Gullatz; Regie: Hermine Huntgeburth; Produktion: Günter Rohrbach; Drehbuch: Franziska Buch, Volker Einrauch; Vorlage: Ulla Hahn; Kamera: Sebastian Edschmid
Deutschland 2007; FSK 12; Sprachfassung: Deutsch. Untertitel: Englisch; 1 Online-Ressource (89 min); Bild: 16:9 SD
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