Rupert Brown ist zehn Jahre alt und arm. Sehr arm. Er hat weder Stiefel noch Mantel, dafür aber so viele Geschwister, dass ihm manche nur entfernt bekannt vorkommen. Zum Schlafen steht ihm zwar ein solides Bett zur Verfügung, allerdings nur der Platz darunter, und den muss er sich mit zwei Brüdern teilen. Und dann ist da ja auch noch der Hunger. Der tägliche Haferbrei, der mit den Küchenabfällen anderer Leute gestreckt wird, macht ihn kein bisschen satt, so dass er regelmäßig vor Hunger in Ohnmacht fällt – so auch am Weihnachtsmorgen, an dem er am Haus der schwerreichen Familie Rivers vorbeikommt, an deren Eisentor hängenbleibt und durch einen (der Abwehr ungeladener Gäste dienlichen) Elektroschock in den Garten geschleudert wird. Und dadurch mitten ins Weihnachtsfest der Familie Rivers, die nicht nur aus der Kernfamilie, sondern auch aus mehreren Verwandten und einer durch ein Missverständnis im Haus lebenden Bibliothekarin besteht. Rupert bekommt so viel zu essen, dass ihm angenehm schlecht wird, und gewinnt in merkwürdigen Spielen diverse Geschenke, die er aber kurz vor Ende der Feier alle mit einem Schlag verliert. Weil Familie Rivers deshalb leicht beschämt ist, wird er in den nächsten Wochen von einigen ihrer Vertreter aufgesucht und in bizarre Abenteuer verstrickt, die ihn aber weder satt noch reicher machen. Denn letztlich sieht die Familie Rivers immer nur sich selbst. Polly Horvaths Kinderroman „Super reich“ ist ein atemberaubend schräges, durch den steten Wechsel von Verheißung und Enttäuschung allerdings auch emotional herausforderndes Buch. In der Geschichte wimmelt es von Situationskomik, eigenwilliger Logik, narrativen Kuriositäten, phantastischen Sequenzen und zutiefst skurrilen Figuren. Mehr noch, es gibt sogar Estragon-Glitzersalat. Die kanadische Autorin gestaltet Ruperts Geschichte mit dem Mittel der Überzeichnung und übertrifft, mit Blick auf die überspitzte Darstellung von Armut, sogar Roald Dahl. Horvaths Komik ist überaus unterhaltsam, dank der Überzeichnung aber auch entlarvend, und sie wird durch das vergleichsweise stille und realistische Ende sowie durch zahlreiche poetische Reflexionen auf wunderbare Weise gebrochen.
Personen: Brauner, Anne Horvath, Polly
Horva
Horvath, Polly:
Super reich / Polly Horvath. Aus dem Engl. von Anne Brauner. - 1. Aufl. - Stuttgart : Verl. Freies Geistesleben, 2020. - 292 S.
Einheitssacht.: Very rich
ISBN 978-3-7725-2894-1 : EUR 16,20
Zugangsnummer: 2021/0300 - Barcode: 2-1140035-4-00007585-5
ab 8 - 12 Jahre - Buch