Auftakt - von Matthias Bahr
Am gemeinsamen Haus »Europa« bauen
Was bedeutet es, heute als Christ*in in Europa den eigenen Glauben zu leben? An was sollte man sich erinnern? Wofür sollte man eintreten? Und nicht zuletzt: Was darf man hoffen?
Am gemeinsamen Haus »Europa« bauen
»Christ*in sein in Europa? Ja, natürlich, was denn sonst! Und wo denn sonst!« - so könnte vielleicht die erste Reaktion auf den Titel dieser Ausgabe ausfallen. Doch so einfach ist es nicht. Hinter einem bewussten Leben als Christ*in in Europa stecken viele Herausforderungen, die nur gemeinsam mit anderen bewältigt werden können. Daher möge der Ruf ertönen: »Christ*innen aller Länder, vereinigt euch!«
Das >christliche< Abendland
Spätestens seit dem vierten Jahrhundert ist es möglich, vom christlichen Abendland zu sprechen, auch wenn es noch dauerte, bis iro-schottische Mönche den christlichen Geist durchsetzten. Immer wieder allerdings war Mission nicht nur ein Akt des Friedens und der Freiwilligkeit: Bonifatius kam ja nicht allein im Vertrauen auf das Wort, sondern hatte einen Tross bewaffneter Kämpfer im Schlepptau. Der Legende nach legte er selbst Hand an und fällte schon mal einen heiligen Baum im Namen des menschgewordenen Sohnes Gottes. Karl der Große, >Sachsenschlächter< genannt, sorgte im Osten für Zwangsbekehrungen. Dennoch: Die kulturelle Blüte in den Klöstern, die Ordnung, Frieden und Entwicklung mit sich brachte, ermöglichte den Aufbau von Wissenschaft und Bildung, wie sie in Domschulen und Universitäten Gestalt annahmen.
Andererseits: Das offenbar notwendige Auftreten von Reformer*innen (Franziskus, Martin Luther, Mary Ward) bestimmte die Erscheinung der institutionellen Verfasstheit von Christentum (Kirche) genauso wie Machtpolitik, Konkurrenzdenken und das menschlich-allzumenschliche Streben nach Einfluss von Bischöfen, Fürsten, Königen und Kaisern, den sogenannten christlichen Herrschern also. Die Blutspur, die sich über Jahrhunderte durch Europa zieht, sie ist leider auch die Blutspur von Christen (wenn man Menschen, die Kriege anfangen, statt sie zu beenden, als solche bezeichnen will). Der Tiefpunkt dieser Entwicklung war dort erreicht, wo christlicher Antijudaismus in rassistischer Raserei gipfelte, an dem selbst theologische Hochschullehrer mitwirkten, wenn sie an der Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben arbeiteten und ein >judenfreies< Neues Testament schaffen wollten (vgl. Schuster 247). Offensichtlich also war das auf weiter Strecke bislang nicht zu bewerkstelligen: dass man sich in seinem christlichen Menschsein als Gottes Ebenbild versteht und deshalb mit anderen Ebenbildern Gottes entsprechend respektvoll umgeht - innerhalb eines Landes, aber auch über Grenzen hinweg.
Das Freiheitsbedürfnis nach einem lebensfördernden Dasein - es lässt sich nicht dauerhaft unterdrücken, auch nicht in der Gemeinschaft der Gläubigen.
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Medium erhältlich in:
4 Amt für katholische Religionspädagogik Hochtaunus und Main-Taunus,
Oberursel
4 Amt für katholische Religionspädagogik Hochtaunus und Main-Taunus,
Oberursel
Serie / Reihe: Katechetische Blätter 2
Personen: Burrichter, Rita
Z/Kat/KB 02/21
Burrichter, Rita:
Christ*in sein in Europa - Ausgabe 02/2021 : Blickpunkt:Ehrenamt. - 1. Auflage. - München : Kösel, 2021. - 80 Seiten : Farbfotos Illustrationen. - (Katechetische Blätter; 2)
ISSN 0342-5517 kartoniert : 11,50 EUR
Zeitschrift Katechetische Blätter - Zeitschriftenheft