Günther, Herbert
Der Widerspruch Roman
Buch

Bislang waren die sechziger Jahre kein Thema der Kinder- und Jugendliteratur. Der zeitgeschichtliche Kinder- und Jugendroman konzentrierte sich auf die dreißiger und vierziger Jahre des 20. Jahrhunderts, vereinzelt wurde das Thema DDR behandelt. Das mag sich langsam ändern. Der aktuelle Jugendroman von Herbert Günther, der seit 1988 für Kinder und Jugendliche schreibt und zudem mit seiner Frau Ulli Bücher übersetzt, hat mit Der Widerspruch einen spannenden Roman über die Zeit der Wirtschaftswunderjahre sowie die Anfänge der Geschichtsaufarbeitung durch die Nachkriegsgeneration geschrieben. Gekonnt voller Fakten, Zeitungsnachrichten und kleinerer Geschichten ist ihm ein Roman gelungen, der sich einer Zeit voller Umbrüche nähert. Im Mittelpunkt stehen die Jugendlichen Robert, Jonas, Reni und Britta, die zunächst gemeinsam zur Schule gehen. Sie haben noch ein Jahr bis zum Realschulabschluss, möchten gerne aufs Gymnasium und ein anderes Leben führen als ihre Eltern. Reni wünscht sich den kleinbürgerlichen Vorstellungen und dem dörflichen Milieu zu entkommen, beginnt eine Affäre mit einem Studenten und lernt nicht nur, dass Eifersucht bürgerlich sei, sondern erfährt auch politische Denkmuster gegen die Elterngeneration. Doch auch Britta, die mit ihren Eltern und ihrem Bruder aus der DDR geflohen ist, widersetzt sich Autoritäten. Sie akzeptiert nicht, dass der Schulleiter aus der Schülerzeitung eine Aktiengesellschaft macht und den größten Anteil kauft. Sie ahnt, dass damit die Meinungsfreiheit unterbunden ist und hadert mit kapitalistischem Denken. Jonas, dessen Vater als NS-Gegner gestorben mit, erlebt depressive Phasen seiner Mutter und zugleich den Wohlstands des Onkels, der trotz NS-Vergangenheit Bankdirektor ist und weiterhin die Geschicke der Kleinstadt lenkt. Robert selbst schreibt für die Schülerzeitung, ist Klassensprecher und erlebt die Umbrüche seiner Freunde von außen. Aber auch er ahnt, dass sich die Gesellschaft wandeln wird. Es ist ein Roman über die Jugend, die an die Idee der Demokratie glaubt und das Handeln der früheren Generation in Frage stellt. Die Jugend ist im Aufbruch, rebelliert zunächst noch still und wird dennoch immer lauter. Die Wirtschaftswunderjahre werden hinterfragt, nach neuen Konzepten und Vorbildern wird noch zaghaft gesucht. Aber beides ist das und spiegelt sich auch in Postern der Jugendlichen wider, die die Wände ihrer Jugendzimmer schmücken. Doch es ist noch das Jahr 1963 und mit Kennedy wird ein Präsident bejubelt, der Opfer eines Attentats wird. Parallel zu den Umbrüchen und Widersprüchen in der Alltagswelt der Jugendlichen werden anhand kurzer Zeitungsnotizen zu Beginn der vier großen Kapitel auch die Widersprüche der Zeit entfaltet: Einerseits sind es die Wirtschaftswunderjahre mit all dem Wohlstand, andererseits sind die ehemaligen NS-Anhänger und Mitläufer weiterhin da und prägen die Gesellschaft. Die Erwachsenen fragen nicht nach der Vergangenheit, die Jugendlichen fangen erst an … Der Widerspruch ist ein wichtiger Roman, denn er zeigt eine kritische Jugend, die Dinge hinterfragt und lädt ein, auch heute Dinge kritisch zu reflektieren und zu bewerten.

Altersempfehlung: ab 14 Jahren.


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Personen: Günther, Herbert

Schlagwörter: Deutschland Nationalsozialismus Jugend Vergangenheitsbewältigung Geschichte 1963

Günther, Herbert:
¬Der¬ Widerspruch : Roman / Herbert Günther. - 1. Auflage. - Hildesheim : Gerstenberg, 2017. - 218 Seiten ; 22 cm x 14,5 cm
ISBN 978-3-8369-5902-5 Festeinband : EUR 16,95

Zugangsnummer: 2017/0219 - Barcode: 2-6185127-4-00013994-6
Romane und Erzählungen für Jugendliche ab 12 Jahre - Signatur: Günth - Buch