Zahlreiche Interviews: Das Weiße Album, Yoko Ono, die Trennung der Beatles, wie er mit "Imagine" den perfekten Popsong schrieb und sein allerletztes ...Für Goldman war John Lennon ein rauschgiftsüchtiger, musikalisch begabter Psychopath, der aufgrund eines Kindheitstraumas unter einer Persönlichkeitsspaltung litt. Seine Musik war teilweise genial (I Am the Walrus sei sein Meisterstück gewesen!)aber natürlich bei Weitem nicht durchgängig; die erste Single aus Double Fantasy, "Starting over" sei z.B. eine "verkrampfte und aufgemotzte Lapalie". Ein guter Gitarrist "war er nun wirklich nicht" und selbst seine Verse waren "oft recht leichtgewichtig". Lennon lebte deshalb - wie so viele Popidole - "in dem Bewußtsein des enormen Mißverhältnisses zwischen dem was er war, und dem, was er darstellte."
Legendär seien die - ausfühlich geschilderten - Gewaltausbrüche Lennons im Alkohol- und Drogenrausch. Lennon war - mit nur kurzfristigen Unterbrechungen - bis an sein Lebensende(!) drogenabhängig. Als reicher Junkie konnte Lennon unbegrenzte Mengen des besonders reinen Heroins "China White" beziehen. In den letzten Tagen seines Lebens "sah er verheerend aus". Er hatte ein Loch in seine Nasenscheidewand geschnupft; die Operation war für die Woche nach seinem Tod bereits geplant.
Aber auch die anderen "Beteiligten" im Leben des John Lennon kommen bei Goldman nicht gut weg.
Allen voran Yoko Ono. Goldman macht sich - wohl zu Recht - lustig über die Avangarde-Künstlerin Yoko Ono, obwohl Yoko mit ihren Aktionen z.B. als Flexus-Künstlerin durchaus Erfolg hatte. In der ersten Zeit hängte sie sich "wie eine Haftmine" an John Lennon, der sie dann allerdings ebenfalls zu einer Sklavin des Herions machte. Später war Yoko dann der "Mutterersatz" für John und bald auch diejenige, die das Geschäftliche für John übernahm.
Der erste Manager der Beatles, Brain Epstein, zu dem Lennon eine homosexuelle Beziehung gehabt haben soll, verstand es nicht, die geschäftlichen Interessen der Beatles angemessen zu vertreten und führte die Beatles letzlich in eine Pleite.
Paul McCartney sei wesentlich geschäftstüchtiger als Lennon gewesen, habe sich in den Vordergrund gestellt und letzlich die Trennung der Beatles herbeigeführt. John hatte schon Ende 1969 den "Drang, Paul die Zähne aus der Fresse zu schlagen." Die Festnahme Pauls wegen Drogenbesitzes in Tokio, war denn auch auf ein Tip Yokos an den japanischen Zoll zurückzuführen. Als John erfuhr, Paul sei von den Gefängniswärtern immer wieder gezwungen worden "Yesterday" vorzusingen, schlug sich John vor Begeisterung auf die Schenkel und brüllte dazu den Vers aus voller Kehle. Für solche und ähnliche Anekdoten hat Goldman ein Faible.
Versuch einer Zusammenfassung:
Pro:
Goldman hat sich nach eigenen Angaben sechs Jahre mit der Erstellung der Biografie beschäftigt und vor allem die Themenkreise John Lennon, die Beatles und Yoko Ono umfassend durchleuchtet.
Goldman hat die Familiengeschichte John Lennons und auch die Yoko Onos ausführlich dargestellt
Die Zerrissenheit, die vielen Aufs und Abs John Lennons, seine Widersprüchlichkeit kommt überzeugend rüber
Das unbewältigte Kindheitstrauma (vgl. den Song "Mother") und das daraus erwachsene Persönlichkeitsproblem Lennons wird mit vielen nachvollziehbaren Beispielen belegt
Goldmann überzeugt mit der Schilderung des Verhältnisses Lennons zu McCartney, der Spannungen, die letztlich zu einer Trennung der Beatles geführt haben
Gut gefallen haben mir, die Passagen über den Anspruch Lennons, als "Weltführer" der Friedensbewegung aufzutreten und die Darstellung der damit verbundenen Aktionen
Die Interpretation vieler Songs Lennons und der Beatles fand ich interessant
Die Tragik des übermäßigen Drogenkonsums der Lennon-Onos und die Beschreibung in vielen Einzelheiten läßt einen erschauern
Über die Ermordung John Lennons und den psychopathischen Täter berichtet Goldman so nüchtern und realitätsnah, dass es einem eine Gänsehaut über den Nacken zieht
Contra:
Das Phänomen des überwältigenden Erfolges der Beatles und des John Lennon wird zu wenig beleuchtet
Ein Hauptmangel: Es wird nicht deutlich, worin die zweifellose Genialität des John Lennons begründet ist
Goldman unterliegt seinem journalistischen Trieb vor allem negativ zu übertreiben und weniger distanziert und differenziert zu berichten (wenn es so "schlimm" gewesen ist mit John, wie konnte er dann überhaupt noch komponieren und Lyriks schreiben?)
Der Okkultismus Yokos wird sehr breit ausgewalzt
Schwerer Mangel: Goldman tut so als sei er bei vielen Begebenheiten direkt dabei gewesen. Er benutzt in vielen Fällen die wörtliche Rede, wo man sich fragt, woher weiß er, was gesagt worden ist?
Das Buch ist mit fast 1000 Seiten einfach zu umfangreich
Der Stil des Buches ist nicht gerade elegant, was die Lektüre teilweise mühsam macht
Die Übersetzung wurde von 7 (!) verschiedenen Übersetzern vorgenommen, was zu einer unterschiedlichen Übersetzungsqualität geführt hat, die nach meinem Eindruck ohnehin leidet
Insgesamt:
Das Buch ist interessant und lohnt schon zu lesen, wenn man sich auch vorher schon mit John Lennon beschäftigt hat. Voraussetzung: man kann viel Zeit aufbringen. Die Mängel sind aber auch offenkundig.
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10 Personen fanden diese Informationen hilfreich
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Peter Oefele
4,0 von 5 Sternen Lange aber sehr informativ
11. Oktober 1999
Format: Broschiert
Es bedarf schon einer gehörigen Portion Interesse und Engagements, will man "John Lennon" von Albert Goldman lesen. ABER: Im Gegensatz zu einigen anderen derart umfassenden Biographien zu verschiedensten Themen, wird man hier für seine Ausdauer belohnt. Der Autor ist ein Meister seines Faches und auch die Übersetzung scheint gut gelungen. Auf knapp eintausend Seiten wird das Leben eines Menschen so brillant skizziert, daß beim Leser schon bald Verständnis für eine derart ausführliche Bearbeitung geweckt wird. Ein Autor vom Schlage Goldmans kann, um seinem eigenen Anspruch gerecht zu werden, eine solch komplexe Persönlichkeit gar nicht knapper beschreiben. So bleibt auch tatsächlich keine Frage offen. Von Lennons Magersucht und Neurosen bis hin zur verhängnisvollen Affäre mit Yoko Ono und den von ihm so zahlreich ausgeübten Süchten, werden die Details in äußerst objektiver Weise analysiert. Bemerkenswert ist auch die Fähigkeit des Biographen (ein ehemaliger Jazzkritiker) sich mit dem Werk des Helden so treffend auseinanderzusetzen. Ebenso werden tiefe Einblicke ins Musikgeschäft der Beatles-Jahre vermittelt. Sehr interessant gestalten sich auch die Kontakte Lennons mit anderen Größen seiner Zunft und die Beziehungen von John, Paul, George & Ringo untereinander. Goldman schreibt so zynisch, humorvoll und respektlos von diesem außergewöhnlichen Genie, daß John Lennon selbst wohl der begierigste Leser dieser Autobiographie wäre. Eine rundum gelungenes Buch, für welches man sich aber laaaaange Zeit nehmen sollte.
Personen: Goldman, Albert
Leseror. Aufstellung: Musik → Biographie
Goldman, Albert:
John Lennon : ein Leben / Albert Goldman. - 1. Aufl. - Reinbek bei Hamburg : Wunderlich, 1989. - 964 Seiten ; 22/14 cm
Einheitssacht.: ¬The lives of John Lennon
ISBN 978-3-8052-0485-9 Festeinband : 6.00 Euro
Zugangsnummer: 2007/0323 - Barcode: 2-6185127-4-00017244-8
Biografie, Lebensbeschreibungen - Signatur: KBi Goldm - Buch