Im Streit um Menschenbilder, Identitätsvorstellungen und Personenverständnisse kommt der biblisch-reformatorischen Rechtfertigungslehre die Funktion eines kritischen Korrektivs zu. Sie leitet dazu an, das Problem personaler Identität nicht abschließend von menschlichen Erkenntnis- und Gestaltungsmöglichkeiten her zu betrachten, sondern vom gnädigen Handeln Gottes am Menschen her zu definieren. Weil die Rechtfertigung über den Personstatus des Menschen entscheidet und ihn nicht heillos festlegt, sondern ihn auf seine Zukunftsfähigkeit hin anspricht, kommen Wahlmöglichkeiten bezüglich individueller Identitätsbildungen in den Blick. Leben aus Rechtfertigung bedeutet im Sinne einer eschatologischen Ontologie primär den Verzicht auf abschließende Selbstdeutungen und die Beachtung von Konsequenzen, die sich auch in politischer Hinsicht daraus für die Menschwerdung des Menschen ergeben.
Personen: Berner, Knut
Berner, Knut:
Evangelische Theologie: ¬Der¬ Neue Mensch : Rechtfertigungslehre und personale Identität / Knut Berner. - 65, 2005. - S.179-195